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Botschafter in Moskau: Amtszeit geprägt von Pandemie und Krieg

Dr. Géza Andreas von Geyr bei Empfang verabschiedet – Volksbund-Büroleiter Hermann Krause blickt zurück

Gestern wurde der deutsche Botschafter in Moskau, Dr. Géza Andreas von Geyr, offiziell verabschiedet. Seine Nachfolge tritt der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff an. Hermann Krause, der das Büro des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Moskau leitet, blickt zurück.
 

Es waren keine einfachen vier Jahre: Die Amtszeit von Géza Andreas von Geyr war zunächst geprägt von einer sich dramatisch ausweitenden Pandemie in Russland, die das öffentliche Leben zum Erliegen brachte. Deutsche Staatsbürger wurden in Sondermaschinen ausgeflogen, von Geyr begleitete sie oftmals bis zum Gate.
 

Diplomatie in Zeiten des Krieges

Kaum war Corona überwunden, kam der 24. Februar 2022. Als Folge des Angriffs auf die Ukraine wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und der Bundesregierung fast völlig heruntergefahren. Deutschland, das den Krieg verurteilt und im Einklang mit der Europäischen Union Sanktionen verhängt, wurde vom Kreml zum „unfreundlichen“ Staat erklärt.

Die deutschen politischen Stiftungen mussten Russland verlassen, die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der deutschen Botschaft wurde als Folge gegenseitiger Ausweisungen immer geringer. Aber auch in den schwierigsten Tagen blieb der Kontakt zwischen dem Volksbund-Büro in Moskau und der deutschen Botschaft bestehen.
 

Geste an Kriegsgräbern trotz Pandemie

Es war selbstverständlich, dass Botschafter von Geyr jeweils am Volkstrauertag auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Ljublino in Moskau eine Rede hielt. Auch wenn es während der Pandemie nicht möglich war, Gäste einzuladen, war der Botschafter mit der Delegation des Volksbundes und des Militärstabs vertreten.In seinen Ansprachen betonte er immer wieder die Bedeutung der Kriegsgräberfürsorge, die er als wichtige humanitäre Aufgabe und als Brücke zwischen dem deutschen und dem russischen Volk beschrieb.
 

Stets politisch positioniert

In seiner letzten Rede 2022 nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilte von Geyr das Vorgehen des Kreml auf schärfste: Russland habe das Völkerrecht gebrochen und einen souveränen Staat überfallen, so der Botschafter, der sich stets auch politisch positionierte. Dies bleibt in Erinnerung. Denselben Tenor hatte seine Abschiedsrede im Garten der Residenz.

Besonderen Wert legte Andreas von Geyr beim letzten Volkstrauertag darauf, junge Leute an der Gestaltung zu beteiligen. Es war ihm ein Anliegen, dass Schüler der Deutschen Schule Moskau, von denen viele familiär einen russischen Hintergrund haben, Texte vortrugen (zum Beitrag am Volkstrauertag 2022).
 

Menschlich und zugewandt

Obwohl von Geyr vorher im Verteidigungsministerium gearbeitet hatte, war dem stets höflichen Diplomaten nie etwas Militärisches anzumerken. Im höchsten Maße wirkte er menschlich und seinen Gesprächspartner zugewandt!

So war das Verhältnis auch zu vielen russischen Partnern sehr positiv geprägt, etwa zum Sonderbeauftragten des Präsidenten für internationale kulturelle Zusammenarbeit, Michail Schwydkoj.
 

Projekt zu Kriegsgefangenen

Ein Beispiel: Bei der Nachrichten Agentur TASS übergab der Botschafter 2021 an Schwydkoj digitale Kopien von Unterlagen über sowjetische Kriegsgefangene, die in deutschen Lagern ums Leben gekommen waren. Grundlage war das Projekt „Sowjetische und deutsche Kriegsgefangene und Internierte“, das der Volksbund über viele Jahre mitfinanziert und in Deutschland im Auftrag der Bundesregierung koordiniert hat (mehr lesen).

Herausragend war der Besuch des Botschafters am 3. Februar 2020 in Wolgograd: Zusammen mit einer Delegation des Volksbundes legte von Geyr anlässlich des 77. Jahrestages der Schlacht von Stalingrad auch auf dem deutschen Soldaten Friedhof in Rossoschka vor den Toren Wolgograds einen Kranz nieder.
 

„Versöhnung nach Untiefen des Krieges“

„Dieser besondere Ort mahnt uns alle zum Frieden“, sagte von Geyr später am Mamajew-Hügel zu Füssen der riesigen Statue „Mutter Heimat“. In das Kondolenzbuch schrieb er: „Wir trauern um die unzähligen Gefallenen dieses Krieges. Wir gedenken derer, die heldenhaft zum Sieg gegen die Nazigewaltherrschaft beitrugen. Wir sind dankbar, dass nach den Untiefen des Krieges Versöhnung wieder möglich geworden ist!“ (mehr lesen).

Wegen des Krieges verzichtete von Geyr im Februar 2023 auf einen Besuch in Wolgograd. Eine Einladung gab es weder von der Stadtverwaltung noch vom Gouverneur.
 

„Kaminabend“ zu 30 Jahre Abkommen

Wie sehr der scheidende Botschafter die Arbeit des Volksbundes unterstützte, zeigte sich auch am 7. Dezember 2022: Zu einem „Kaminabend“ hatte er in die Residenz eingeladen, um die Unterzeichnung des Kriegsgräberabkommens zwischen der Bundesregierung und der Russischen Föderation 30 Jahre zuvor zu würdigen (mehr lesen).

„Der Volksbund verbindet Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Gerade in der jetzigen Zeit leistet er in Russland trotz aller Schwierigkeiten wertvolle Arbeit“, sagte von Geyr. Am Ende des Abends, an dem auch der ehemalige russische Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin, teilnahmen, betonte er: „Die Würde eines Menschen bleibt unantastbar über den Tod hinaus! Das gilt auch für Soldaten. Auf den vielen Friedhöfen in Russland, an den Gräbern, wird deutsch-russische Geschichte weiter erzählt!“
 

„Halten Sie durch, geben Sie nicht auf!“

Der scheidende Botschafter hofft, dass die Arbeit des Volksbundes in Russland trotz aller Probleme weitergeht. „Sie wird nicht leichter werden. Wichtig ist: Halten Sie durch, geben Sie nicht auf!“

Mitte August tritt der langjährige Europa- und Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff die Nachfolge an. Von Geyr wechselt nach Brüssel und wird dort ständiger Vertreter Deutschlands im NATO-Rat.

Text: Hermann Krause
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