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Ausstellung in Belgien: Ewige Ruhe im Wandel 

Wechselhafte Geschichte von Friedhöfen des Ersten Weltkrieges – Volksbund stellt Exponate zur Verfügung 

Wer etwas über den Ersten Weltkrieg erfahren möchte, findet im „In Flanders Fields Museum" im belgischen Ypern eine gute Anlaufstelle. Erstmals wird hier im Rahmen einer Sonderausstellung die Geschichte von Kriegsgräbern des Ersten Weltkrieges umfangreich aufgearbeitet und präsentiert. Der Volksbund ist daran beteiligt. 


Ein historisches Foto, eine Luftaufnahme. Ausgehend von einer zentralen Kreuzform spiegeln sich geometrische Muster an einer Symmetrieachse. Was wie eine barocke Parkanlage anmutet, ist ein deutscher Soldatenfriedhof in Flandern im Jahr 1916. Jedes kleine Rechteck markiert ein Grab. Bereits während des Ersten Weltkrieges bestatteten deutsche Soldaten ihre gefallenen Kameraden auf professionell geplanten und landschaftsarchitektonisch gestalteten Friedhöfen. 
 

Funktional, schnell angelegt 

Ganz anders die Briten: Zeitgenössische Luftaufnahmen zeigen englische Soldatenfriedhöfe während des Ersten Weltkrieges in Belgien als funktionale, schnell angelegte letzte Ruhestätte ohne nennenswerten architektonischen Anspruch.  

„Es ist bemerkenswert, wie sich die deutschen und englischen Friedhöfe in ihrer Entstehungszeit unterscheiden“, berichtet Birger Stichelbaut, einer der Kuratoren der Ausstellung „FOR EVERMORE – IN EWIGKEIT. Friedhöfe des Ersten Weltkriegs“, die derzeit im „In Flanders Fields Museum“ in Ypern zu sehen ist. 
 

Von Soldaten gestaltet? 

Warum sind die frühen deutschen Soldatenfriedhöfe so viel elaborierter als die der anderen Nationen? Dafür gibt es laut Stichelbaut zwei denkbare Erklärungen: Die Deutschen seien wahrscheinlich davon ausgegangen, für lange Zeit in Flandern zu bleiben und schufen deshalb einen präzise entworfenen, parkähnlichen Friedhof. 

Außerdem seien die Friedhöfe möglicherweise von Soldaten selbst gestaltet worden, die einen beruflichen Hintergrund als Architekten oder Landschaftsplaner hatten. Für ihre gefallenen Kameraden, die ihnen vertraut und bekannt waren, hätten sie würdevolle Grabstätten entworfen. 
 

Von lokalen zu Sammelfriedhöfen 

Aber nicht nur in ihren Anfangsjahren unterscheiden sich die Friedhöfe einzelner Staaten. Sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich der Umgang der Länder mit den Kriegsgräbern ihrer Toten. Gab es während des Ersten Weltkrieges beispielsweise zahlreiche kleinere lokale deutsche Friedhöfe, wurden diese in den 1920er Jahren zu großen Sammelfriedhöfen zusammengelegt. 

Heute befinden sich nur noch vier deutsche Friedhöfe des Ersten Weltkrieges in Westflandern. Zwar markiere der Erste Weltkrieg den Wechsel vom Massen- zum Einzelgrab, so Stichelbaut weiter. Dennoch führte die Zentralisierung vieler kleiner Friedhöfe mitunter auch dazu, dass Gebeine aus einzelnen Gräber zusammen mit anderen wieder eingebettet wurden. 
 

Beispiel: der Soldat Jakob Grau 

Eine ungewöhnliche Fotoreihe in der Ausstellung dokumentiert ein Beispiel: die zweifache Umbettung des Soldaten Jakob Grau vom Einzelgrab mit Kreuz auf einem Kirchhof in ein Einzelgrab mit Grabstein auf einem Soldatenfriedhof bis zum Gemeinschaftsgrab auf einer Kriegsgräberstätte mit Gedenkstein.  Im Laufe der Zeit hat sich das äußere Erscheinungsbild der Friedhöfe immer wieder geändert – auch das zeigt die Ausstellung sehr deutlich. Dafür zeichneten Einrichtungen der Kriegsgräberfürsorge in den verschiedenen Ländern verantwortlich, die noch während oder unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg gegründet worden waren. 

Briten gestalten einheitlich 

So sorgte die 1917 entstandene „Imperial War Graves Commisson“, heute „Commonwealth War Graves Commission“, für eine eher einheitliche Gestaltung britischer Kriegsgräberstätten. Namhafte englische, wie auch amerikanische Architekten wählten eine klassizistische Architektur und Formensprache, um den „ewigen“ Charakter dieser Grabstätten zum Ausdruck zu bringen. 

Auch der Architekt Robert Tischler, der im Auftrag des Volkbundes bei der Gestaltung deutscher Friedhöfe bis nach dem Zweiten Weltkrieg federführend war, wählte einen konservativen und zuweilen nationalistisch geprägten Stil. Seine Formensprache mutet robuster und seine Farbwahl düsterer an als die seiner angelsächsischen Kollegen. 
 

Entwicklung nachgezeichnet 

„Eine große Herausforderung bei der Konzeption dieser Ausstellung“, so erklärt Birger Stichelbaut „war, dass sich die eigentlichen Ausstellungsobjekte im Freien befinden und dort jahrzehntelangen Veränderungen ausgesetzt waren. Wir haben versucht, diese Entwicklung offenzulegen und dabei auf verschiedene Aspekte wie Ideologie, Architektur und Rezeption einzugehen.“ 

Allerdings seien viele der ursprünglichen Friedhöfe heute im Bewusstsein der Menschen vergessen, weil man dort stattdessen Brachland oder einen Kinderspielplatz vorfindet, sagt Stichelbaut. Ein Blick auf die Besucherstruktur des Museums stimmt vorsichtig optimistisch: Während des Schuljahres kommen viele Schulklassen. In den Sommermonaten setzen sich dagegen eher Einzelpersonen und Familien mit der Geschichte des Ersten Weltkrieges auseinander. 
 

Grabsteine und Volksbund-Plakat

Der Volksbund hat zwei Grabsteine von deutschen Soldaten für die Ausstellung „FOR EVERMORE“ zur Verfügung gestellt. Sie stammen ursprünglich von Friedhöfen in Westflandern, sind aber jahrzehntelang in Lommel aufbewahrt worden. An der dortigen Kriegsgräberstätte betreibt der Volksbund eine Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte.  

In den Hallen des Museums stoßen die Besucherinnen und Besuchern schließlich auch auf ein Volksbund-Plakat. „Darum Europa!“ steht in großen Lettern über den Kreuzen eines Gräberfeldes – eine Botschaft, die noch immer nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat. 

Ausstellung „FOR EVERMORE – IN EWIGKEIT. Friedhöfe des Ersten Weltkriegs“
29. April 2023 bis 18. Februar 2024 
In Flanders Fields Museum 
 

Der Volksbund ist ...

ein gemeinnütziger Verein, der Jahr für Jahr etliche tausend Kriegstote birgt und bestattet –  inzwischen vor allem in Osteuropa. Seine Aufgabe ist noch lange nicht erfüllt. Die aktuelle Kampagne ist das „Eine-Million-Projekt”.

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