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Hightech auf Kriegsgräberstätten

Volksbund testet den Einsatz von Mährobotern auf Anlage in Frankreich

Aufsitzrasenmäher und Freischneider – mit diesen Geräten werden in der Regel Rasenflächen auf den mehr als 830 Kriegsgräberstätten des Volksbundes weltweit kurz gehalten. Die Pflege der bis zu 28 Hektar großen Friedhöfe erfordert einen hohen Arbeits- und Organisationsaufwand. Steigende Kosten machen es erforderlich, nach Alternativen zu suchen, um weiterhin ein würdiges Erscheinungsbild der Anlagen gewährleisten zu können. Mehr als 2,8 Millionen Kriegstote sind auf ihnen begraben. Der Einsatz von Mährobotern könnte mancherorts Abhilfe schaffen. Ein Feldversuch in Frankreich sollte zeigen, ob das tatsächlich funktionieren kann. 
 

Autonome Systeme sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. So werden Mähroboter auch gerne im heimischen Garten eingesetzt. Der Wunsch: gepflegter Rasen, ohne selbst Hand anlegen zu müssen. Das klingt auf den ersten Blick verlockend. Aber funktioniert das auch auf Kriegsgräberstätten mit Tausenden von Grabsteinen und wenn ja, unter welchen Bedingungen? Ein Testlauf auf mehreren deutschen Kriegsgräberstätten – unter anderem in Neuville-Saint-Vaast im Norden Frankreichs – zeigt, dass der Einsatz von Mährobotern durchaus denkbar und machbar ist, wenn auch mit Einschränkungen.
 

Der Test

Bisher wird die Rasenfläche der über neun Hektar großen Anlage mit Aufsitzmähern und Motorsensen gepflegt. Der Friedhof Neuville-Saint-Vaast liegt etwa acht Kilometer nördlich von Arras und ist flächenmäßig die größte deutsche Kriegsgräberstätte in Frankreich. Für das Mähen des Friedhofes, auf dem mehr als 44.888 deutsche Kriegstote ruhen, werden mit der konventionellen Variante drei Tage benötigt.

Ein Team um Dr. Andreas Wulf, Leiter der Abteilung Kriegsgräberstätten, testet die Mähroboter auf Herz und Nieren. Schließlich gilt es, eine Reihe von Aspekten zu berücksichtigen. Dazu gehören die Flächenleistung, das Schnittbild und die technische Handhabung, aber auch naturschutzfachliche, wirtschaftliche und sicherheitstechnische Fragen. Wichtig ist auch, ob der Einsatz von Mährobotern pietätvoll möglich ist und wie er sich auf das Empfinden der Besucher auswirkt, die in einer ruhigen, würdevollen Atmosphäre der Toten gedenken wollen.
 

Pflege soll möglichst nicht stören

Kriegsgräberstätten sind Orte der Trauer und der Versöhnung. Angehörige und Besucher sollen einen würdigen und ruhigen Ort vorfinden. Dazu gehören vor allem gepflegte Gräber, unbeschädigte und gesäuberte Grabzeichen und dazu passende Rasenflächen. Nicht nur Menschen bewegen sich auf Friedhöfen, vor allem Tiere und Pflanzen verleihen ihnen ihre ruhige und friedliche Atmosphäre. Von der Biene bis zum Igel, von der Orchidee bis zum Kirschbaum - Kriegsgräberstätten bieten Raum für Artenvielfalt. Pflegearbeiten sollen das Gedenken der Besucher und die Flora und Fauna auf den Friedhöfen möglichst nicht stören.

Unterschiedliche Navigationssysteme

Grundsätzlich navigieren Mähroboter nach dem Zufallsprinzip. Das heißt: Sie fahren geradeaus, bis sie auf ein Hindernis stoßen. Dann wenden sie in eine andere Richtung. Damit sie ihren Weg finden und Hindernissen wie Bäumen oder auch Grabsteinen ausweichen können, werden sie – je nach Modell – über GPS-Signale, eine mobile App sowie im Rasen verlegte Begrenzungs- und Suchkabel gesteuert. Zudem sind fast alle Modelle mit Stoßsensoren ausgestattet, die Kollisionen mit Hindernissen verhindern sollen. Soweit die Theorie. Im Test zeigte das Zufallsprinzip noch einige Schwächen. Mittels Software-Algorithmus ist eine ständige Optimierung notwendig.

Mähroboter mit systematischer Navigation oder LIDAR-System hingegen vermessen zunächst die zu mähende Fläche, indem sie den äußeren Rand abfahren und eine digitale Karte der Anlage erstellen. Nachdem sich der Roboter ein „Bild“ gemacht und die erfasste Fläche in Abschnitte unterteilt hat, berechnet das System die effizienteste Route. Über ein Suchkabel navigiert der Roboter nach getaner Arbeit selbstständig zur Ladestation zurück.

Die durchschnittliche Flächenleistung der Roboter beträgt rund 4.000 Quadratmeter pro Tag bei einer Geschwindigkeit von 19,8 Metern pro Minute. Je nach Modell gibt es geringe Abweichungen. Fahrspuren sind aufgrund der kleineren Reifen kein Thema – ein Pluspunkt für die Roboter.

Schwarmintelligenz

Die Anlagen der weltweit mehr als 830 Kriegsgräberstätten in unerschiedlichsten Klima- und Landschaftszonen variieren sehr stark. Wie viele Mähroboter zum Einsatz kommen könnten, hängt unter anderem von der Größe der zu mähenden Fläche, der Wüchsigkeit des Rasens, Ausstattung der Grabflächen, Friedhofsatmosphäre, Besucherintensität und zu schützender Natur ab.

Für sehr große Flächen gibt es mittlerweile die Möglichkeit, ein „Flottenmanagement“ einzusetzen, mit dem mehrere Mähroboter gesteuert und überwacht werden können. Im Fall von Neuville-Saint-Vaast wären 20 Roboter nötig, um die gesamte Rasenfläche zu mähen. Hinzu kämen mehrere Reservegeräte, um beschädigte oder zu wartende Mähroboter ersetzen zu können.

Umweltfreundlich

Kein Zweitaktmotor, kein Benzingeruch, weniger C02-Emissionen und Lärm – auch unter diesem Aspekt können Mähroboter punkten. Abzüge in der A-Note gibt es allerdings bei der Hinderniserkennung und der Inbetriebnahme. Für die Ladestationen der Roboter ist auf den Friedhöfen ein Stromanschluss erforderlich, der insbesondere auf kleineren Friedhöfen nicht immer vorhanden ist.

Ein weiteres Problem sind unebene Rasenflächen, Wurzelgeflechte, Baumstümpfe, Steigungen, Hügel oder Kaninchenlöcher, an denen die Roboter hängen bleiben. In diesem Fall müssen sie von Hand befreit werden. Es muss also Personal verfügbar sein, das den Roboter wieder einsatzfähig macht. Auch Frost und Nässe bereiten Probleme. Zudem beeinflussen Roboter, die permanent in Bewegung sind, die Atmosphäre eines Friedhofs, auf dem ohne die Maschinen Ruhe herrschen würde.
 

Laub-Test im Herbst

Der Feldversuch ist noch nicht beendet. Im Herbst wird geprüft, wie der Mähroboter mit dem Herbstlaub zurechtkommt. Bisher zerkleinern die Gärtner das Laub mit den Aufsitzmähern. Wie das Gras bleibt es auf dem Rasen liegen und dienst als wertvoller Dünger. Zudem wird kostenintensives Aufnehmen, Abfuhr und Entsorgung des Laubs vermieden.

Im Herbst soll der Versuch abschließend ausgewertet werden. Schon heute zeichnet sich ab, dass Mähroboter nicht für jeden Friedhof geeignet sind. Insgesamt können sie eine sinnvolle Ergänzung bei der Friedhofspflege sein, sollen und können den Menschen aber nicht ersetzen.

Video Mähroboter

Der Praxistest: Wie sieht der Mähroboter in der Realität aus? Erste Eindrücke gibt es hier im Video.

Kontakt

Simone Schmid Referentin Kommunikation/Social Media