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„Die Interessen der Jugendlichen in den Verein tragen“

Ein Gespräch mit dem neuen BJAK-Vorsitzenden Dominic Lagoski

Seit dem Pfingsttreffen des Bundesjugendarbeitskreises (BJAK) Mitte Mai ist Dominic Lagoski im Amt. Der 28-Jährige wuchs in Parchim, einer Kleinstadt südlich von Schwerin, in Mecklenburg-Vorpommern auf. Heute lebt und arbeitet der Verwaltungsangestellte in Rostock. 2015 wurde er Volksbund-Mitglied, 2017 nahm er erstmals an einem Workcamp teil. Seitdem sind die internationalen Jugendbegegnungen für ihn das Highlight des Jahres.

 

Erstmal herzlichen Glückwunsch zur gewonnenen Wahl und Ihrer neuen Aufgabe! - Wie sind Sie eigentlich zum Volksbund gekommen?

In der Schule bin ich schon früh mit dem Volksbund in Berührung gekommen. Wir hatten eine sehr engagierte Geschichtslehrerin. Durch sie bin ich immer am Volkstrauertag auf dem Friedhof gewesen, wo ich zum ersten Mal vom Volksbund und der Arbeit mit den Kriegsgräbern erfahren habe.

Wie es dann so ist, war ich mit Schule und anderen Dingen beschäftigt und habe nichts mehr vom Volksbund gehört. Eines Tages bekam ich eine Postkarte von einer Bekannten, die ein Workcamp in Riga besuchte. „Das wär‘ doch was für Dich! Du bist geschichtlich und politisch interessiert!“, schrieb sie. Also habe ich mir die Sache mal angesehen und bin schließlich Volksbund-Mitglied geworden.

Da ich mich im Verein engagieren wollte, bin ich zum Jugendarbeitskreis (JAK) gegangen. Inzwischen bin ich amtierender Landesvorsitzender vom JAK in Mecklenburg-Vorpommern. Zuvor war ich beim Regionalverband des Volksbundes in Parchim und habe dort Pressearbeit gemacht.

In der Region haben wir einzelne Gräber in Dörfern in Mecklenburg besucht und dann je nach Pflegezustand bewertet, erfasst und mit den Listen, die der Volksbund hatte, abgeglichen. Manche Anlagen waren in einem guten, manche in einem optimierungsbedürftigen Zustand. Wir haben versucht, vor Ort etwas zu machen, was durch die Mühlen der Verwaltung oft sehr beschwerlich war. Aber das ist mir durchaus vertraut, denn ich arbeite selbst in dem Bereich. Ich habe Verwaltungsfachangestellter gelernt und mache gerade mein Fernabitur.
 

Verwaltungsangestellter, Fernabiturient, JAK-Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern und jetzt BJAK-Vorsitzender – wie voll ist Ihr Kalender?

Es ist schon manchmal erstaunlich. Meistens passen die Termine und überschneiden sich nicht. Einige Wochenenden sind allerdings fünffach belegt. Dann muss man gucken, was am wichtigsten ist. Manchmal lost man oder entscheidet sich für den ersten Termin, der gerade reinkommt. Komischerweise wollen alle immer die gleichen Wochenenden im Jahr belegen, obwohl manche Monate sehr leer aussehen, wie zum Beispiel der Januar, die ruhigste Zeit im Jahr. Dann gibt es Phasen, wie im Oktober, da bin ich jetzt schon an jedem Wochenende mit dem Volksbund irgendwo unterwegs. Das ist schon spannend.
 

Da soll noch einer sagen, junge Leute wollten sich nicht engagieren. - Sie waren auch beim „Walk of Peace“, dem Workcamp für Erwachsene, in Slowenien dabei…

Genau, das ist eine spannende Geschichte. Ich unterstütze dieses Projekt für Leute über 25, obwohl ich selbst, als das anfing, gerade mal so an der 25 gekratzt habe. Als der ursprünglich vorgesehene Teamer in den letzten beiden Jahren ausgefallen ist, haben die netten Kollegen aus dem Fachbereich ein paar Wochen vorher angerufen, ob ich nicht statt als Teilnehmer als Teamer mitfahren könnte. Gerne würde ich auch mal wieder als Teilnehmer dabeisein. Aber das ist natürlich schwierig, wenn man einmal die Seiten gewechselt hat. Man ist immer Plan B, wenn irgendjemand in der vordersten Linie ausfällt.

Wie sehen Sie Ihre Rolle als neuer BJAK-Vorsitzender und welche Ziele haben Sie sich gesetzt? Haben Sie ein besonderes Anliegen, ein „Herzensthema“?

Ich möchte vor allem die neue Struktur ins Laufen bringen. Vorher war es so, dass der BJAK – ähnlich wie der Bundesrat – funktionierte, also sich aus den Vertreterinnen und Vertreter der Landesverbände zusammengesetzt hat. Dann gab es eine Person, die die Anliegen des BJAK gegenüber dem Volksbund vertreten hat.

Jetzt ist es etwas breiter angesetzt: Um im BJAK aktiv zu werden, muss man nur Mitglied im Volksbund sein. Das ist eine andere Arbeitsweise. Wir haben uns gefragt: Wie kann man die Arbeit gut auf allen Schultern verteilen? Der Tag hat nur 24 Stunden, aber wenn jeder ein bisschen davon stemmt, ist man als Team sehr stark. Gerade haben wir uns die Aufgaben aufgeteilt. Jetzt müssen wir gucken, ob das funktioniert oder ob nachjustiert werden muss. Ich sehe mich da vor allem in einer koordinierenden Funktion.

Außerdem müssen wir uns fragen, was wir besser machen können, um die Interessen der Jugendlichen in den Verein zu tragen. Ein Thema, was mir besonders wichtig ist: die Ehrung und Würdigung von langjährig Aktiven in der Jugendarbeit. Viele sind schon jahrelang dabei, haben schon an die zehn bis 15 Workcamps betreut und wurden noch nie vom Volksbund ausgezeichnet. Da gibt es Optimierungsbedarf. Ich sehe meine Aufgabe darin, wie man das strukturieren und systematisieren kann, damit es auch gerecht ist. Nicht, dass jemand, nur weil er gute Kontakte in die Gremien hat, eher Auszeichnungen erhält als andere, die genauso viel schon für den Verein geleistet haben.
 

Das ehrenamtliche Engagement von jungen Menschen soll auch gesehen und gewürdigt werden.

Der Verein braucht keine großen finanziellen Mittel aufwenden. Aber jeder freut sich über eine Urkunde oder ein Zertifikat. Arbeitgeber sehen solche Auszeichnungen auch gern im Lebenslauf, im Bereich ehrenamtliches Engagement. Da kann es die eine oder andere Firma positiv überzeugen, wenn die Bewerberin oder der Bewerber schon in sechs internationalen Jugendbegegnungen aktiv war. Gruppenleitung, Organisation, Finanz-Budget-Planung - das sind wichtige Softskills. Die in einer Urkunde festzuhalten und als Benefit den Aktiven im Volksbund mitzugeben, ist eine Aufgabe, die angegangen werden muss.

Wie kann man Ihrer Meinung nach junge Menschen am besten erreichen und wie motiviert man sie dabeizubleiben?

Wenn ich dafür eine Formel hätte, würde ich sie schon gut verkaufen. Aber leider habe ich auch nicht die ultimative Lösung. Die beste Werbung ist eigentlich Mund zu Mund Propaganda. Teilnehmer werben Teilnehmer. Auch in Schulen muss informiert werden. Wahrscheinlich ist es ein Mix aus den altbekannten Formeln: Die Oma schickt ihren Enkel ins Camp, jemand hat mal einen Beitrag vom Friedenskongress gesehen und der nächste ist zufällig auf der Suche nach einer günstigen Ferienbeschäftigung darauf gestoßen.

Wenn wir die Leute einmal haben, dann ist es wichtig, sie am Ball zu halten, sie zu Nachbereitungstreffen einzuladen, wie beispielsweise das diesjährige Herbsttreffen in Nürnberg. Mit der neuen Strukturform sind die großen Veranstaltungen, das Pfingst- und Herbsttreffen, aus den Landesverbänden in die Bundeszuständigkeit gekommen. Jetzt werden sie zentral vom BJAK organisiert und von einem lokalen Team betreut.

Auch hier geht es wie in einem Workcamp um die klassischen Themen: Begegnung, Bildung, Arbeitseinsatz. Es ist mir immer wichtig, dass wir bei allen unseren Veranstaltungen den Kern des Volksbundes nicht verlieren: das Arbeiten am Frieden und auf den Gräberfeldern. Das macht uns aus und dadurch heben wir uns von anderen Organisationen, die in der historisch-politischen Friedensarbeit aktiv sind, ab.
 

Was wünschen Sie sich für den Volksbund als Ganzes und für die Jugend im Besonderen?

Ich wünsche mir, dass der Volksbund seine friedensstiftende und versöhnende Arbeit fortsetzt und die Gräben zuschüttet, die Kriege reißen. Es ist mir wichtig, dass es auch in zehn, zwanzig Jahren noch Workcamps gibt, in denen Menschen aus ehemals verfeindeten Ländern über den Gräbern darüber diskutieren, wie unsinnig Krieg ist, und dass Zusammenarbeit eher zum Ziel führt als militärische Auseinandersetzungen.

Für den Volksbund hoffe ich, dass er seine Arbeit, seine Hauptaufgabe die Gräberpflege weiter fortsetzen kann, dass wir auch noch den zweimillionsten Soldaten in Osteuropa bergen. Vielleicht erleben wir das noch zu unseren Zeiten.

Ich hoffe auch, dass die Jugendarbeit weiterhin gefördert wird und nicht unter dem Kostendruck verschwindet oder ausgedünnt wird. Es bringt nichts, wenn wir am Ende alle Kriegstoten geborgen haben und dann keiner mehr diese Anlagen, die für die Ewigkeit gemacht sind, besucht, weil es keine Leute gibt, die sich a) dafür interessieren oder b) das Know-how haben, das der Volksbund hat, um Jugendliche an das Thema Krieg und Gewalt heranzuführen.
 

Herr Lagoski, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für Ihre Arbeit im BJAK!

 


Lesen Sie auch einen Bericht über den „Walk of Peace“ in Slowenien sowie ein Interview mit Ulrich Creydt, dem Leiter dieses Workcamps für Erwachsene.


Für alle, die schon einmal an einem Workcamp des Volksbundes teilgenommen haben und weiterhin mit Gleichgesinnten in Kontakt bleiben wollen, veranstaltet der Volksbund vom 30. August bis zum 1. September ein Alumni-Treffen in Eisenach. Anmeldungen sind noch bis zum 10. Juli möglich!

 

Der Volksbund ist ...

... ein gemeinnütziger Verein, der dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen ist. Im Auftrag der Bundesregierung sucht und birgt er Kriegstote im Ausland, bestattet sie würdig, pflegt ihre Gräber in 46 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 30.000 junge Menschen. Mit Workcamps für Erwachsene baut er sein Angebot noch aus.

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