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Wir können heute ein Zeichen setzen

Bundeswehr-Arbeitseinsatz auf jüdischem Friedhof

Der Friedhof der Israelitischen Synagogengemeinde Adass Jisroel in Berlin-Weißensee ist ein besonderer Ort, ein Ort mit einer ganz eigenen Aura. Unter alten Bäumen zeugen verwitterte und zum Teil umgestürzte Grabsteine mit hebräischen Schriftzeichen von der langen gemeinsamen deutsch-jüdischen Geschichte. Aber auch die schreckliche Vergangenheit bleibt stets im Hinterkopf. Traditionell haben jüdische Verstorbene ewiges Ruherecht. Für die Erhaltung der Grabanlagen sind die Angehörigen oder die Jüdischen Gemeinden zuständig. Doch nicht immer ist genug Geld vorhanden, wie etwa bei der Israelitischen Synagogengemeinde Adass Jisroel zu Berlin. „Viele alte Gräber sind verwaist, baufällig oder gar eingefallen und werden von den Familien schon lange nicht mehr gepflegt. Allein, weil sie einfach nicht mehr vorhanden sind. Entweder durch Tod im KZ, auf andere Weise von den Nazis ermordet, ausgestorben oder nach Übersee ausgewandert. Das können wir nicht zulassen, hier musste etwas geschehen“, sagt Max-Georg Freiherr von Korff, Bundeswehrbeauftragter des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Berlin.

„Bis auf Hüfthöhe stand das Gras auf den Wegen“, berichtet Hauptfeldwebel Thomas Friedrich, Kommandoführer der insgesamt 17 Soldaten und Reservisten. Das Arbeitskommando aus Soldaten des Wachbataillons, des Feldjägerbataillons 350 und des Standortkommandos sowie Reservisten der Landesgruppe Berlin des Verband der Reservisten der Bundeswehr (VdRBw e.V.) pflegen vom 4. bis 15. Juni die jüdischen Gräber, harken und fällen sogar Bäume. Sie wollen einen Beitrag leisten, zeigen, dass die Bundeswehr sich ihrer geschichtlichen Verantwortung stellt. „Wir können nichts für unsere Vergangenheit“, sagt Hauptfeldwebel Friedrich stellvertretend für seine Kameraden, „aber wir können heute ein Zeichen setzen.“ Einige Reservisten haben seit Beginn an diesen Einsätzen teilgenommen. Alle Soldaten und Reservisten leisten ihren Arbeitseinsatz freiwillig. Sie opfern dafür ihre Freizeit oder Teile ihres Urlaubs. Verantwortlich für den Einsatz, für Organisation, Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung sowie die Abrechnung ist der Volksbund, der auch die finanziellen Mittel bereitstellt.

Schon zum elften Mal hat der Volksbund hier einen Bundeswehr-Arbeitseinsatz organisiert. Volksbund und Bundeswehr arbeiten seit Jahrzehnten bei der Pflege von Kriegsgräberstätten zusammen, doch der Arbeitseinsatz auf den jüdischen Friedhöfen hat einen besonderen Stellenwert und ist angesichts der deutschen Vergangenheit nicht nur ein besonderes Anliegen von Brigadegeneral Peter Braunstein, Kommandeur des Standortkommandos Berlin. „Dieser Einsatz ist aktive politische Bildung für unsere Soldaten. Wir machen das gern und hatten noch nie Probleme, Freiwillige für diese Aufgabe zu finden. Das ist ein gutes Zeichen“, sagte der Standortkommandeur bei einem Besuch des Arbeitskommandos. Zu Beginn des Einsatzes wurden die Teilnehmer des Arbeitskommandos vom Geschäftsführer und Vorstandssprecher der Gemeinde Adass Jisroel, Dr. Mario Offenberg, in die Geschichte des Friedhofs eingeführt. Beim „Truppenbesuch“ bedankte er sich ganz herzlich bei den Angehörigen der Bundeswehr. Auch Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages ist stolz auf die Mitglieder des Arbeitskommandos.Es sei ein wichtiger Einsatz für die Bundeswehr und zeige das neue Verstandnis von Ehre. „Ich bin stolz darauf, dass die Soldaten nicht nur ihre Pflicht tun, sondern dies auch aus einem inneren Ansporn heraus hier dienen und dafür danke ich Ihnen“, sagte Hellmut Königshaus. Kim Vinthen, dänische Gesandter in Deutschland als Vertreter der gegenwärtigen EU-Präsidentschaft, bekräftigte, es sei ein wichtiger Einsatz für die Versöhnung. Er betonte, dass es immer auf das Engagement des Einzelnen ankäme und erinnerte an die Rettung von 7 000 dänischen Juden, die nicht vom Staat, sondern von einzelnen Bürgern gerettet worden seien. Er hoffe, dass dieser Einsatz viele Nachahmer finden möge, denn er sei ein gutes Zeichen für ein friedliches Europa. Joachim Freund, Sonderbeauftragter des Volksbund-Präsidenten, überbrachte die Grüße Reinhard Führers. “Abschied nehmen können, einen Ort der Erinnerung und der Trauer zu haben ist ein menschliches Grundbedürfnis. Deshalb setzt sich der Volksbund nicht nur für die deutschen Krieggräber ein, sondern auch für die Pflege und Instandhaltung von Mahnorten wie dem jüdischen Friedhof hier in Weißensee”, sagte Joachim Freund.

Text und Fotos: Christoph Blase