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Passionierter Erzähler und Freund des Volksbundes

Zum 100. Geburtstag des Schriftstellers Otfried Preußler

Mit seinen fabelhaften Wesen und zauberhaften Geschichten begeisterte er gleichermaßen Jung und Alt. „Der kleine Wassermann“, „Das kleine Gespenst“ oder „Der Räuber Hotzenplotz“ begleiteten Generationen – und das weltweit. Allein „Die kleine Hexe“ wurde in 46 Sprachen übersetzt. Doch der Autor optimistisch humorvoller Kinderbücher trug schwer: Die Erinnerungen an seine Zeit als Soldat und in russischer Kriegsgefangenschaft ließen ihn nicht los. Zeitlebens zeigte sich Otfried Preußler deshalb dem Volksbund verbunden.


Ein sichtbares Zeichen seiner Verbundenheit war eine Baumpatenschaft, die Otfried Preußler im Jahr 2000 übernahm. Sein Vogelbeerbaum steht im Friedenspark der deutschen Kriegsgräberstätte Sologubowka südöstlich von St. Petersburg. „Dieser Baum sei den Angehörigen meiner in Bessarabien untergegangenen Kompanie gewidmet, denen wir damals keine Kreuze setzen konnten“, schrieb Preußler in seiner Widmung.
 

Hinter sowjetischem Stacheldraht

Seiner gefallenen Kameraden gedachte der renommierte Schriftsteller auch in mehreren Kurzgeschichten, die er dem Volksbund zu Lebzeiten zur Verfügung gestellt hatte und die dieser für seine Arbeit nutzte. In den Texten zeichnete er die Schrecken des Krieges ebenso wie die Zeit in russischer Gefangenschaft – immer voll Demut und Dankbarkeit, „die Jahre hinter sowjetischem Stacheldraht“ überlebt zu haben. Seine Erlebnisse veranlassten den Autor, die Arbeit des Volksbundes über viele Jahre als großzügiger Spender zu unterstützen.

Nach dem Abitur 1942 hatte sich der damals neunzehnjährige Preußler zum Kriegsdienst gemeldet. An der Ostfront erlebte er die vollständige Vernichtung seiner Kompanie und kam 1944 in russische Kriegsgefangenschaft. 1000 Kilometer musste er zu Fuß in das Lager Jelabuga in der Tatarischen Republik zurücklegen – ein Marsch, den viele nicht überlebten. Hunger und Seuchen griffen um sich. Als „eine sehr harte Zeit“ bezeichnete Preußler diese fünf Jahre, in denen er in mehreren Lagern inhaftiert war.
 

Schreiben, um zu überleben

Trotz oder gerade wegen der schweren Lebensbedingungen in der Gefangenschaft blieb Preußler kreativ, schrieb Gedichte, Theaterstücke und Erzählungen. Diese Texte hatten für seine Mitgefangenen eine große Bedeutung. Sie spendeten Trost, weckten Erinnerungen an zuhause und schenkten Momente der Hoffnung. Aber auch dem jungen Mann selbst half das Schreiben beim Überleben.

Preußlers private Texte - seine Briefe an seine Verlobte und die Familie im nordböhmischen Reichenberg, dem heutigen Liberec - erreichten ihre Adressaten jedoch nicht. Wie mehr als drei Millionen Sudetendeutsche mussten auch sie ihre Heimat verlassen. Die Familie siedelte sich im oberbayerischen Rosenheim an.
 

Neuanfang nach dem Krieg

Als Otfried Preußler 1949 als Spätheimkehrer zu seinen Angehörigen stieß, fing er bei null an. In der ersten Zeit arbeitete er als Lokalreporter und verfasste Geschichten, Erzählungen und Dramen. Nach dem Studium begann er, an einer Volksschule zu unterrichten und wurde schließlich Rektor der Grundschule in Stephanskirchen am Simssee im Landkreis Rosenheim.

Parallel zum Lehreralltag blieb Otfried Preußler dem Schreiben immer treu. Seine Kinder- und Jugendbücher wurden zu Klassikern und internationalen Bestsellern. Auch mit den Erfahrungen im Dritten Reich setzte er sich weiterhin auseinander. So erzählte er in seinem mehrfach ausgezeichneten Roman „Krabat“ die Geschichte eines jungen Mannes, der sich auf dunkle Mächte einlässt, alles verliert, aber am Ende die Freiheit gewinnt.

„Dankbar für jeden Tag“ stand auf einem Zettel, der an der Tür zu Preußlers Arbeitszimmer hing.

Am 20. Oktober wäre Otfried Preußler 100 Jahre alt geworden.