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Wiedereinbettung 60 sowjetischer Soldaten in Untersuhl

Ausgrabung erfolgte wenige Tage zuvor

Der 22. Juni 1941 war ein einschneidendes Datum: Die deutsche Wehrmacht startete mit der „Operation Barbarossa“ den Überfall auf die Sowjetunion. Ein grausamer Krieg mit mehreren Millionen Toten war die Folge. Die Spuren davon sind auch heute noch sichtbar. Eine davon führt nach Untersuhl in Thüringen. Hier bettete der Volksbund am 82. Jahrestag des Überfalls 60 sowjetische Kriegsgefangene ein, die wenige Tage zuvor in einem Waldstück bei Gerstungen geborgen wurden.

Sie trugen Namen wie Dimitri, Alexej, Konstantin, Fjodor, Sergej oder Iwan. Sie – das sind 60 sowjetische Kriegsgefangene, die ein gemeinsames Schicksal teilen: Sie alle starben unter unmenschlichen Bedingungen als Zwangsarbeiter in einem Waldstück bei Gerstungen, im sogenannten Richelsdorfer Tal - ohne würdige Grabstätte und ohne ordentlichen Friedhof. Irgendwo im Niemandsland geriet der Ort in die Falten des Eisernen Vorhangs, die Erinnerung an die Toten in Vergessenheit. Sie waren begraben zwischen zwei verfeindeten Gesellschaftssystemen. 

Das Team um Umbetter Joachim Kozlowski und Henrik Hug, Landesgeschäftsführer des Volksbundes in Thüringen, wollte daran etwas ändern, indem sie die Toten bergen und identifizieren. Nur wenige Tage vor der Wiedereinbettung auf dem Friedhof in Untersuhl, sondierten die Umbetter die Grablage in Gerstungen und bargen insgesamt 74 sowjetische Kriegstote. 60 von ihnen konnten nun bereits einbettet werden, bei 14 Kriegstoten ist die Identität noch zu klären.

Kein Name ist vergessen

„Dass die Toten nun exhumiert und auf einem würdigen Friedhof bestattet werden können, ist für Deutschland eine Verpflichtung aus dem deutsch-russischen Freundschaftsvertrag von 1991 und dem Vertrag über die sowjetischen Kriegsgräber auf deutschem Boden. (...) Es ist aber nicht nur eine vertragliche Verpflichtung, es ist auch ein Herzensanliegen vieler Deutscher, den Respekt vor den Kriegstoten (...) zum Ausdruck zu bringen“, sagte Ministerialdirigent Ulrich Grünhage von der Thüringer Staatskanzlei in seiner Ansprache.

Den Toten ihren Namen und ihre Würde zurückzugeben, ist eine elementare Aufgabe des Volksbundes, die fest in seinem Leitbild verankert ist. Wie sehr dies die Menschen auch 80 Jahre nach Kriegsende noch bewegt, zeigte die eine oder andere Träne der zahlreichen deutschen sowie russischen Besucher, als Lehrerin Alexandra Zusmanova jeden einzelnen Namen der Gefallenen in Muttersprache verlas. Einer von ihnen war Fjodor Dmitrijewitsch Alexandrow.
Alexandrow wurde am 18. Juli 1909 im Dorf Murawka, im Gebiet Tula, im damaligen zaristischen Russland geboren. Unmittelbar nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion geriet Alexandrow als Soldat der Roten Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft und wurde nach Deutschland deportiert. Er starb am 4. April 1942 im Kriegsgefangenenlager bei Gerstungen.

Dankbarkeit und Demut

„Es bedeutet mir sehr viel, heute hier sein zu dürfen“, sagte Urkenlin Anastasia. Sichtlich bewegt von der Einbettung ihres Urgroßvaters Alexandrow legte sie einen Kranz am Denkmal nieder und erzählte aus den Überlieferungen ihrer Familie vom Verstorbenen.

Pfarrer Arne Tittelbach-Helmrich begleitete die Einbettung der Kriegstoten. „Die Namen, die wir heute gehört haben, waren und sind mit lieben Menschen, mit Familienangehörigen verbunden. Als Christenmenschen wissen wir, dass kein Name verloren und vergessen ist, sondern in der Liebe Gottes aufgehoben ist.“ Sein Zitat aus der Bergpredigt ist zugleich sein Appell: "Selig sind die, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen."

Während die Sonne auf das Grab mit 60 Särgen schien, fügte er hinzu: “Ich wünsche mir, dass wir im Alltag füreinander da sind und diesen Frieden leben - gerade heute, wo wir so viel Unfrieden in der Nähe und in der Ferne erleben.“

Lesen Sie hier mehr über die Ausgrabung der sowjetischen Kriegstoten.

Ausbettung in Gerstungen

„Jede Begegnung mit dem Leben, ist auch eine besondere Begegnung mit dem Tod.“

Joachim Kozlowski, Umbetter
Simone Schmid Referentin Kommunikation/Social Media