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Ein Lied der Freundschaft

50 Jahre Jugendbegegnung in Cannock Chase

Kriegsgräberstätten sind weit mehr als normale Friedhöfe. Neben ihrer so wichtigen Funktion als Mahnmal der Vergangenheit sind sie auch Wegweiser in eine friedliche Zukunft. Schon deswegen bemühte sich der Volksbund-Landesverband Bremen von Anfang an, Jugendliche aus Deutschland und England auf dem Patenfriedhof in Cannock Chase zusammenzuführen. Der Versuch gelang. Inzwischen blickt diese Jugendbegegnung auf eine erfolgreiche Historie zurück. So wurde das 50-jährige Jubiläum dieser Jugendbegegnung in diesem Sommer besonders gewürdigt.

Ein Rückblick

Bereits 1962 reisten die ersten Bremer jungen Männer nach England. Gleich vier Gruppen nacheinander gaben sich vor Ort wortwörtlich die Spaten in die Hand. Die jungen Aufbauhelfer kamen aus dem Landkreis Osterholz, dem Sportverein Werder Bremen und der Bremer Sportjugend. Die Bedingungen waren dabei keineswegs ideal und boten gerade deswegen Raum für ungewöhnliche Erlebnisse. So berichtete der damalige Campleiter Rüdiger Schnell, wie die Jugendlichen noch in der Nacht unter Scheinwerferlicht ihre Zelte errichteten. Bereits am nächsten Morgen begannen die ersten Erdarbeiten für die künftige Einfriedung der Kriegsgräberstätte Cannock Chase. Dies war der Anfang. Fünf Jahre später war die Anlage fertig und wurde schließlich mit und durch die Jugendlichen feierlich eingeweiht.

Ein Zeitsprung

18 Jugendliche aus Bremen und einigen anderen Bundesländern sowie zehn junge Briten bilden 45 Jahre später gemeinsam mit den Mitgliedern des Leitungsteams, zwei Busfahrern und zwei Köchen der Bundeswehr die aktuelle Gruppe des Jubiläumscamps Cannock Chase. Viele Feiern sind geplant, doch es gilt auch, die eigentliche Aufgabe, die Pflege der Gräber, zu erfüllen. Die Arbeit hat sich im Laufe der Jahrzehnte sehr verändert. Inschriften sind nachzuziehen, Heide ist umzusetzen, Unkraut aus den Wegen zu entfernen, Grabsteine zu reinigen. Alle sind engagiert und fröhlich bei der Sache, so auch die 16-jährige Anna Zander aus Bremen: „Die Teilnehmer verstehen sich alle sehr gut und können hier Freunde fürs Leben finden.“ Eben diese Freundschaft beschwört auch der Chairman der Grafschaft Staffordshire, Ian Lawson: „Unsere Völker standen sich einst als Feinde gegenüber. Die jungen Menschen dieses Camps haben verstanden, dass es nur eine Lösung für die Menschheit geben kann: Frieden!“

Große Geste

Die Jugendlichen haben sich zum Jubiläum etwas Besonderes einfallen lassen. Schon vor dem Camp haben sie Kontakt zu Angehörigen aufgenommen und versprochen, Blumen an Gräbern niederzulegen und ein Foto für die Familien von diesem persönlichen Gedenken zu schicken. Auch englische Veteranen kommen zu Besuch und sorgen dabei für emotionale Momente. „Auf diese Weise können wir den Menschen zeigen, dass die deutsch-englische Freundschaft heute eine feste Größe in Europa ist. Für die ehemaligen Kriegsteilnehmer ist diese Geste ein letzter großer Schritt zur endgültigen Versöhnung mit der Vergangenheit“, so Katharina Kühl, Leiterin der Jugendbegegnung.

Gefühlvolles Gedenken

Der Bremer Landesvorsitzende Oberst Dietmar Werstler, Volksbund-Vizepräsident Prof. Volker Hannemann und Landesgeschäftsführerin Isa Nolle waren ebenfalls vor Ort und lobten die große Unterstützung durch das Staffordshire County Council sowie den Young People’s Service. Gänsehaut und auch Tränen der Rührung gab es während der Gedenkveranstaltung bei vielen Gästen auf der deutschen Kriegsgräberstätte. Zu Beginn enthüllten Chairman Ian Lawson und Oberst Werstler eine Gedenktafel in der Eingangshalle. Die Sonne erschien und tauchte das Gelände in ein warmes, friedliches Licht – genau in dem Moment, als alle Anwesenden die Kriegsgräberstätte betraten, um ein hölzernes Mohnblumenkreuz an einem persönlich gewählten Grab für ein stilles Gedenken niederzulegen. Der Militärattaché der Deutschen Botschaft in London, Brigadegeneral Franz-Josef-Nolte, legte neben anderen gemeinsam mit dem Vertreter des englischen Königshauses Kränze nieder. Die jugendlichen Teilnehmer nahmen die vielen Gäste mit auf eine Zeitreise durch die Jahrzehnte der Freundschaft und ließen den Friedhof in einer szenischen Darstellung nochmals entstehen und wachsen.

Eine besondere Würdigung erfuhr das Jubiläum durch den Besuch des Heeresmusikkorps 2 aus Kassel unter der Leitung von Oberstleutnant Reinhard Kiauka. Ihre musikalische Darbietung war absolut hochklassig, eindrucksvoll und anrührend. Konzerte als Dank an die englischen Gastgeber im Gate House Theatre und auf dem Marktplatz in Stafford rundeten den Aufenthalt des Musikkorps ab. Übrigens wurden die gesamten Kosten durch das Heeresmusikkorps selbst übernommen. Herzlichen Dank!

Erinnerungen zum Abschied

Der große Freundschaftsabend schloss das Workcamp Cannock Chase 2012. Die gemeinsamen Aktivitäten, die Gespräche mit ehemaligen Kriegsteilnehmern, der Gastfamilientag, die Aufzeichnungen der Arbeit auf der Kriegsgräberstätte durch das regionale Fernsehen, das für diesen Anlass getextete und gemeinsam vorgetragene Lied „50 Years of Friendship“, der große Jubiläumskuchen – all das sind Erinnerungen, die alle mit nach Hause nehmen und womöglich noch in 50 Jahren ihren Enkeln erzählen werden.

Isa Nolle