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„Ein schlechtes Testament ist schlimmer als gar keins“

Volksbund-Thema „Vorsorge“: Interview mit Erbrechts-Experte Jan Bittler aus Heidelberg

Der 13. September ist der „Internationale Tag des Testaments“. Gemeinnützige Organisationen haben ihn 2011 ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für die Bedeutung eines Testaments zu schärfen und die Option hervorzuheben, damit Gutes zu tun. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. kann durch Nachlässe und Erbschafts-Spenden viele Projekte überhaupt erst realisieren. Dazu ein Interview mit Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg.

 

Dem Volksbund ist der Experte als Referent seit dem Jahr 2000 bekannt – seit es die Angebote der Kriegsgräberfürsorge zur Erbinformation gibt. Regelmäßig mehrmals im Jahr hält er Vorsorge-Vorträge im Auftrag des Bezirksverbands Nordbaden. Der „Tag des Testaments” soll Menschen dazu ermutigen, sich über ihren Nachlass Gedanken zu machen und über ihren Tod hinaus gemeinnütziges Engagement zu unterstützen. 
 

Zur Person:

Jan Bittler ist Geschäftsführer der führenden deutschen Erbrechtsorganisation, der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge e. V. (DVEV). Seit 2013 ist er ununterbrochen in der Zeitschrift „Focus“ als Top-Anwalt für Erbrecht gelistet. Bittler war in den Sendungen „plusminus“, „ARD-Ratgeber Recht“, „ARD-Ratgeber Geld“ und „ARD Buffet“ zu Gast und verfasst Ratgeber unter anderem für die Verbraucherzentrale und die „Stiftung Warentest“. Auch der Rechtsauschuss des Deutschen Bundestages hat schon auf seine Expertise zurückgegriffen. (Foto: privat)

Warum ist es so wichtig, ein Testament aufzusetzen?

Weil die gesetzliche Erbfolge – die ohne testamentarische Regelung gilt – nicht die optimale Lösung ist und häufig zum Streit führt. Denken Sie an diese Situation: Eheleute haben ein Haus gebaut. Sie sind gemeinsam als Eigentümer im Grundbuch eingetragen und haben zwei Kinder. Einer verstirbt und es ist nichts geregelt. Sie waren nicht beim Notar, hatten die klassische Zugewinngemeinschaft, keinen Ehevertrag.

Zwar gehört dem Witwer oder der Witwe von vornherein die Hälfte des Hauses. Die Hälfte des Verstorbenen geht – wiederum zur Hälfte – an den Ehepartner und an die Kinder. Der Ehepartner hat also insgesamt drei Viertel, jedes der Kinder ein Achtel des Hauses. 

Wenn eins der – in der Regel erwachsenen – Kinder ausbezahlt werden möchte, kann das den Ehepartner vor finanzielle Probleme stellen und am Ende vor die Frage, ob er oder sie die Immobilie noch halten kann. Das ist der klassisch Erbstreit, der sich vermeiden lässt.

Dafür brauche ich ein Testament, das den Ehepartner absichert und festlegt, dass er oder sie Alleinerbe ist und damit alleiniger Eigentümer der Immobilie wird. Die Kinder haben dann noch einen Pflichtteilsanspruch, können aber weniger Druck ausüben, als wenn sie Miteigentümer sind und im Zweifel eine Versteigerung angehen können. Darum zum Beispiel ist ein Testament ganz, ganz wichtig.

 

Ist das ein Thema auch für jüngere Generation?

Eltern können ja auch jung versterben – mit minderjährigen Kindern und einer Immobilie, die noch belastet ist. Bei minderjährigen Erben hat das Familiengericht mitzureden. Da kann es passieren, dass ein Ergänzungspfleger zur Seite gestellt wird – um die Rechte der Kinder wahrzunehmen, wenn es darum geht, die Immobilie zu beleihen oder zu veräußern, wenn man sie nicht mehr halten kann. Jungen Familien ist ein Testament also genauso anzuraten.

Von Immobilien abgesehen: Welche Punkte sind noch wichtig?

Wenn ich meinen Kindern im Vorfeld etwas geschenkt oder eine Zuwendung gemacht habe, ist die Frage: Ist das im Erbfall zu verrechnen? Wir erleben die seltsamsten Streitigkeiten, zum Beispiel: „Du hast viel länger bei den Eltern im Haus gewohnt und keine Miete gezahlt. Das muss im Erbfall verrechnet werden.“ Oder: „Dir haben die Eltern ein teures Studium finanziert, während ich gleich angefangen habe zu arbeiten“ – das sind alles Punkte, an denen Kinder aneinandergeraten können.

 

Wie muss ein Testament formal aussehen?

Man muss es nicht zwingend notariell erstellen lassen und es kann auch handschriftlich erstellt werden. Man muss es unterschreiben – dann ist es formgültig. Es sollte eine Überschrift haben – „Mein Testament“ oder „Unser Testament“ – und es sollte mit Ort und Datum versehen sein. Das Datum ist wichtig, weil grundsätzlich jeweils die aktuellste Fassung gilt.

 

Sie raten, das Testament professionell prüfen zu lassen. Warum?

Die Antwort ist einfach: Ein schlechtes Testament ist schlimmer als gar keins. Ich empfehle, sich einen Vortrag anzuhören, die der Volksbund in vielen Bundesländer und online anbietet. Dann erfahren sie, welche Fehler es bei Testamenten gibt und wie man sie vermeidet.

Ich habe Mandanten, die zeigen mir ihres und es passt, wenn man ein, zwei Wörter ändert. Bei anderen sage ich: „Ich weiß, was Sie meinen. Jeder weiß, was Sie meinen. Aber das juristisch umzusetzen, ist nahezu unmöglich.“

Testamente müssen juristisch präzise sein – das ist die Schwierigkeit. Daher ist mein Rat: „Lassen Sie sich bei einem Fachanwalt für Erbrecht beraten oder geht zu einem guten Notar, der sich mit Erbrecht auskennt.“ 

Das gilt vor allem dann, wenn man etwas mehr oder weniger Kompliziertes zu regeln hat. Damit sollte man sich an Experten wenden. Dabei kann der Volksbund helfen und Ansprechpartner vermitteln. 

Stichwort Vorsorge: Was gehört außer einem Testament noch dazu?

Was passiert zu meinen Lebzeiten, wenn ich meine Dinge selbst nicht mehr regeln kann? Das kann ich mit einer Vorsorgevollmacht festlegen. Wie weit soll sie reichen? Soll sie nur ermächtigen, über Konten zu verfügen und Rechnungen zu zahlen oder soll der Bevollmächtige ein Haus verkaufen können? Solche Fragen sind ebenfalls zu klären.

Auf der Gesundheitsebene ist es die Patientenverfügung, die festlegt: Welche ärztlichen Maßnahmen möchte ich, welche möchte ich nicht? Ab welchem Zeitpunkt möchte ich keine Behandlung mehr? Welche Behandlung soll durchgeführt werden? 

Die meisten kommen zu mir wegen eines Testaments. In der Regel spreche ich Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung an, aber als Fachanwalt für Erbrecht überlasse ich die ausführliche Beratung an dieser Stelle Kolleginnen und Kollegen. Auch da schreitet die Spezialisierung voran.

 

Sie halten seit vielen Jahren Vorträge für den Volksbund. Was motiviert Sie, sich für die Kriegsgräberfürsorge zu engagieren?

Erbschaftschafts-Marketing ist ein starker Baustein beim Volksbund – man könnte fast sagen: Der Volksbund hat’s vor 25 Jahren erfunden  (lacht) – da passt es einfach rein. Ich freue mich immer, wenn ich während des Vortrags und im Anschluss feststelle: Das ist ein wichtiges Thema mit optimaler Resonanz. Die Leute stehen anschließend Schlange, um persönliche Fragen zu stellen. 

Mich freut es auch, wenn Menschen über diese Vorträge dazu gebracht werden, beim Thema Vererben auch an den Volksbund zu denken – zum Beispiel über ein Vermächtnis.

 

Warum freut Sie das?

Ich bin immer begeistert von den Einleitungen des Bezirksverbands, bei denen die Volksbund-Arbeit vorgestellt wird. Sie zeigen, dass es ein zunehmend moderner Verein ist, der sich nicht nur um das Thema Gräber kümmert, sondern um aktive Friedensarbeit in Europa. Dass er junge Leute einbindet. Wenn ich sehe, wie viele junge Leute zum Beispiel auf Instagram angesprochen werden mit Posts von Workcamps und Schulprojekten – einfach super!

Es ist ganz wichtig für den Volksbund, dass er das Traditionelle nicht vernachlässigt, aber gleichwohl der Jugend zeigt, dass Krieg die schlechteste aller Möglichkeiten ist. Das schafft man am besten, indem man sie in internationalen Camps zusammenführt – das finde ich großartig.

Herr Bittler, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

 

Ein Volksbund-Angebot – warum?

Mitglieder und Förderer hatten den Volksbund vor rund 25 Jahren gebeten, über Testament und Vorsorge zu informieren. Daraufhin entwickelte er zusammen mit Vertrauensanwälten/Notaren ein Angebot mit Präsenzvorträgen. Die Corona-Pandemie stoppte dieses Format – inzwischen gibt es die Vorträge längst wieder, ergänzt um das Online-Angebot „Vorsorge-TV”.

Ein Beispiel, wie wertvoll Beratung sein kann, finden Sie in diesem Artikel: Vorsorge-TV: Wichtige Themen, die alle angehen.

Mehr dazu unter www.gutvorgesorgt.info
 

In 46 Ländern aktiv

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist ein gemeinnütziger Verein, der dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen ist. Im Auftrag der Bundesregierung sucht und birgt er Kriegstote im Ausland, bestattet sie würdig, pflegt ihre Gräber in 46 Ländern und betreut Angehörige (Abteilung Kriegsgräberdienst). Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. Jeden Sommer veranstaltet der Volksbund mehr als 30 internationale Jugendbegegnungen und Workcamps in Deutschland und vielen europäischen Ländern.
 

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