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Ungarn: Steinmeier und Sulyok verlängern das „Band der Nationen“

35 Jahre Paneuropäisches Picknick: Mit Volksbund-Workcamp nach Sopron – Treffen mit dem Bundespräsidenten und seinem ungarischen Amtskollegen

Gut 40 Flaggen flattern schon am „Band der Nationen“ – wie kaum ein anderes Symbol steht es für jahrzehntelange Volksbund-Jugendarbeit. Heute haben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ungarns Präsident Tamás Sulyok zwei weitere Flaggen angeknüpft – am 35. Jahrestag des Paneuropäischen Picknicks in Sopron. Eine Workcamp-Gruppe des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. hatte das Band für beide ausgerollt.

 

Das mediale Interesse war groß: ARD, ZDF, dpa, RTL und andere wollten aus dem Gedenkpark des Paneuropäischen Picknicks berichten, wo beide Staatsoberhäupter heute Nachmittag Reden zum Jahrestag hielten und Kränze niederlegten. Am 19. August 1989 war bei Sopron die ungarisch-österreichische Grenze für kurze Zeit geöffnet worden – Hunderte DDR-Bürgerinnen und Bürger hatten die Chance genutzt und waren in den Westen geflohen.


Erster Riss im Eisernen Vorhang

„Das Ereignis markiert den ersten Riss im Eisernen Vorhang und gilt als Wegmarke für den Fall der Berliner Mauer. Mit seinem Besuch würdigt der Bundespräsident die Verdienste und den Mut des ungarischen Volkes, das damals zur Einigung Europas beigetragen hat“, teilte das Bundespräsidialamt mit.

Als Steinmeier als Schirmherr des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge mit seinem Amtskollegen das „Band der Nationen“ verlängerte, würdigten beide damit auch ein besonderes Beispiel der Volksbund-Arbeit: ein Workcamp mit 62-jähriger Tradition.
 

Miteinander in Europa

Klaus Knoll, der ehrenamtliche Leiter der Jugendbegegnung, moderierte diesen Teil des Nachmittags. „Das ‚Band der Nationen‘, das wir bei jedem Workcamp ergänzen, ist vor dem ernsthaften Kontext unserer Arbeit ein farbenfohes Zeichen für völkerübergreifende Freundschaft und Miteinander in Europa”, hatte er im Vorfeld gesagt.

24 junge Leute zwischen 16 und 25 Jahren sind mit ihm nach Ungarn gereist – Berufstätige, Studenten, Auszubildende, Schülerinnen und Schüler vor allem aus Oberschwaben. Bei dem Workcamp steht die Kriegsgräberstätte Budaörs im Mittelpunkt.
 

Kriegsgräber bei Budapest pflegen

Die jungen Leute arbeiten auf dem Friedhof nahe der ungarischen Hauptstadt und setzen sich mit den Schicksalen ungarischer und deutscher Soldaten auseinander, die dort begraben sind. Eine moderne Ausstellung auf der Kriegsgräberstätte bietet Material dafür.

Außerdem besucht die Gruppe Gedenkstätten und Museen. Bei Exkursionen nach Budapest und in Workshops beschäftigt sie sich mit der europäischen und der deutsch-ungarischen Geschichte, insbesondere mit der Geschichte der Donauschwaben. Dabei geht es auch um den Nationalsozialismus und seinen Folgen.
 

Deutsch-Ungarische Sommerakademie

Auf dem Weg nach Ungarn hat die Gruppe schon in Salzburg Station gemacht. Dort hat sie bei einer Exkursion das Dokumentationszentrum Obersalzberg und das „Kehlsteinhaus” kennengelernt – beides Orte der Erinnerung an die Abgründe der nationalsozialistischen Diktatur.

In Sopron nahm die Gruppe aus Baden-Württemberg an der Deutsch-Ungarischen Sommerakademie teil, die das Deutsch-Ungarische Jugendwerk und die Konrad-Adenauer-Stiftung alljährlich zum Jahrestag des Paneuropäischen Picknicks organisieren. Darum gehörte heute auch eine Führung durch den Gedenkpark mit einem Zeitzeugen zu ihrem Programm.

„Wir freuen uns sehr, den Besuch der beiden Präsidenten in Sopron miterleben zu dürfen. Es ist uns eine große Ehre, einen Teil der Veranstaltung mitzugestalten. “

Jakob Möhrle (19)

Blick in die Zukunft

„Wir richten den Blick nicht nur in die Vergangenheit, sondern vor allem auf das Zusammenleben in Europa heute und in der Zukunft“, so Klaus Knoll. Er engagiert sich seit 1983 ehrenamtlich für den Volksbund. Erst war er Workcamp-Teilnehmer, dann Teamer und seit 2003 ist er Campleiter.

Auch Freizeit gehört zum Programm vom  11. bis zum 24. August. Die verbringen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem am Balaton (deutsch: Plattensee).

„Jugendlager Federsee“

Seit 1962 sind Jugendliche und junge Erwachsene aus der Gegend rund um den Federsee in Oberschwaben im Sommer bei Volksbund-Workcamps auf Reisen und pflegen Kriegsgräberstätten im Ausland – oft zusammen mit jungen Leuten aus dem Gastgeberland. Der Name „Jugendlager Federsee” hat sich bis heute gehalten, Programm und pädagogisches Konzept sind längst modern.

Drei Mal schon war Ungarn das Ziel. „Das Workcamp in Szombathely 1993 war unsere erste Fahrt in ein Land hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang. Dass das möglich war, hatte sehr viel mit dem Paneuropäischen Picknick zu tun”, erklärt Klaus Knoll. „Heute schließt sich für uns in gewissem Sinne ein Kreis.”
 

1993: Bus gewechselt an der Grenze

Wie gut die Zusammenarbeit damals schon war, zeigte sich an der Grenze: Im Sommer 1993 gab es noch kein Kriegsgräberabkommen zwischen Ungarn und Deutschland – es trat erst 1994 in Kraft. Der Bundeswehr-Bus, mit dem die Gruppe unterwegs war, durfte die Grenze nicht passieren. Das ungarische Militär half aus und übernahm den weiteren Transfer.

Dass die Leitung dieses Workcamps Gäste einlädt, zum Abschluss mit der Gruppe zusammen das „Band der Nationen” zu verlängern, ist durchaus üblich – die Liste reicht von Botschafter und Parlamentspräsident über Museumsdirektor, regionale Verwaltungsschefs und Friedhofsverwalter bis hin zu jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Gastgeberländer.
 

Ehre, Dank und Auszeichnung

Gewünscht hatte sich die Gruppe, am 35. Jahrestag des Paneuropäischen Picknicks einen Zeitzeugen für diese symbolische Geste zu gewinnen. Dass jetzt Frank-Walter Steinmeier und Tamás Sulyok den Part übernehmen, ist Auszeichnung, Dank und Anerkennung für jahrzehntelange Friedens- und Versöhnungsarbeit.

Einen Bericht vom Treffen mit den Staatspräsidenten finden Sie hier: „Leidenschaft für Europa“: Plädoyer und starkes Symbol.
 

„Stoppt schon den kleinsten Hass!“

Regelmäßig bestattet der Volksbund Kriegstote auf dem deutsch-ungarischen Friedhof in Budaörs. Denn noch immer bergen Umbetter auch in Ungarn die sterblichen Überreste von Soldaten.

„Stoppt schon den kleinsten Hass und sagt rechtzeitig Halt!“ Dieses Zitat der ungarndeutschen Dichterin Valeria Koch hörten knapp 150 Menschen bei der Einbettung von 85 deutschen Soldaten im Oktober 2023:

Einbettung in Budaörs: „Auf dem Totenfeld den Frieden erinnern“

Trauer um den Bruder wird nicht kleiner

Der Volksbund ist ...

... ein gemeinnütziger Verein, der dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen ist. Im Auftrag der Bundesregierung sucht und birgt er Kriegstote im Ausland, bestattet sie würdig, pflegt ihre Gräber in 46 Ländern und betreut Angehörige. Mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten erreicht er jährlich rund 38.000 junge Menschen. 

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