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Friedensschlüsse im Fokus – Rote Route erstmals am Start

Gefördert vom Auswärtigen Amt, geplant und umgesetzt vom Volksbund: vierte PEACE LINE von Münster nach Niederbronn-les-Bains

Zwei Dutzend junge Menschen aus 20 Ländern reisten vom westfälischen Münster über die Kriegsgräberstätte Ysselsteyn, Amsterdam, Brüssel, Paris und Verdun zur Jugendbegegnungsstätte Niederbronn-les-Bains. Nach einem Jahr der Vorbereitungen ging zum ersten Mal eine Gruppe auf der vierten, der Roten Route des PEACE LINE-Projekts auf Tour.
 

Sie ergänzt die Grüne (Tschechien, Deutschland, Elsass/Frankreich), die Blaue (Lettland, Litauen, Polen, Golm) und die Gelbe Route (Bosnien und Herzegowina, Serbien, Nordmazedonien) um einen weiteren geographischen und inhaltlichen Schwerpunkt.

Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf dem 20. Jahrhundert – nur in Münster ging es weiter zurück in die Vergangenheit, ins Jahr 1648. Jovanna aus Serbien bringt es auf den Punkt: „Der Westfälische Frieden ist selbst heute noch bedeutsam, weil er der erste diplomatisch verhandelte Vertrag war und als Grundlage für zukünftige diplomatische Beziehungen und Verträge zwischen europäischen Ländern gilt. Der Dreißigjährige Krieg endete mit dem Westfälischen Frieden, der den Frieden wieder herstellte und religiöse Toleranz regelte.“

 

„The Peace of Westfalia is so significant even today because it was the first diplomatic treaty and it set up a cornerstone for future diplomatic relations and treaties between European countries. With the Peace of Westfalia the Thirty-Year War ended, which restored peace and regulated religious tolerance.“

Jovanna, Serbien

Von Münster nach Ysselsteyn

In Münster traf die Gruppe auch Nina Kliemke vom Landesverband Nordrhein-Westfalen. Sie stellte die regionale Arbeit vor und gab einen ersten Einblick in die Volksbund-Strukturen.

Bei einem Biographie-Workshop in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte Ysselsteyn lernte die Gruppe die Geschichten von Menschen kennen, die im Zweiten Weltkrieg gefallen und auf der Kriegsgräberstätte in Ysselsteyn bestattet wurden – Soldaten, Frauen, Kinder ...
 

Begegnung mit Zeitzeugen

Lodewijk van Mourik erzählte als Zeitzeuge, wie er als einjähriges Kind vor der Deportation seiner Familie gerettet wurde. Bis heute weiß er nicht sicher, welchen Namen ihm seine Mutter bei der Geburt gab und an welchem Tag er geboren wurde. Er spricht regelmäßig mit jungen Menschen darüber, da es ihm mit Blick auf die Intoleranz in der heutigen Gesellschaft wichtig ist, an das Vergangene zu erinnern.

In Amsterdam besuchte die Gruppe unter anderem das „Holocaust Namenmonument”. Es erinnert an die 102.000 jüdischen Opfer in den Niederlanden sowie an 220 ermordete Sinti und Roma.

Auseinandersetzung mit Denkmälern

Die Gruppe befragte sich untereinander und andere Besucherinnen und Besucher über die Wahrnehmung des Denkmals und die Erfahrungen mit Gedenkorten in den Herkunftsländern. Die Reflexion über Denkmäler und Ausstellungen ist ein wichtiger Teil des Projekts PEACE LINE. Dabei geht es auch darum, wer beschlossen hat, ein Denkmal wie zu errichten.

„Wir haben alle tonnenweise Denkmäler in unseren Ländern“, stellt Samuel aus der Slowakei fest, „aber PEACE LINE hat mir gezeigt, dass immer eine starke Geschichte und eine besondere Perspektive dahinterstecken. Ab jetzt werde ich Denkmäler anders betrachten.“

„We all have tons of memorials in our countries, but PEACE LINE made me realize that there is always a strong narrative and a specific perspective behind it. I will look at memorials in a different way from now on.“

Samuel, Slowakei

Durchgangslager Fort Breendonk

Mit Fort Breendonk besuchte die Gruppe in Belgien ein Durchgangslager der SS. Bei einer Führung lernten die jungen Leute viel über die Bedeutung des Forts, die Lebensumstände der dort Eingesperrten und über Schicksale einzelner Menschen.

Die Gruppe diskutierte anschließend unter anderem über Handlungsoptionen damals und heute, um solche Geschehnisse zu verhindern.
 

Besuch im Europaparlament

Der Tag in Brüssel war dem Thema Europäische Union gewidmet. Hier besuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Europäische Parlament sowie das Besucherzentrum „Parlamentarium“.

Eine Führung durch das Parlamentsgebäude regte zu kritischen Fragen und Diskussionen an. Von den 24 jungen Leuten kamen sieben aus nicht EU-Staaten. Daher waren auch Fragen zum Beitritt in die EU und deren bisherige Errungenschaften, aber auch aktuelle Problemfelder Thema.

Friedensschlüsse in Frankreich

In Frankreich rückte das Thema Friedensschlüsse wieder in den Vordergrund. Die Gruppe besuchte die Waldlichtung nahe Compiègne, auf der sowohl der Waffenstillstand von 1918 als auch der inszenierte Waffenstillstand von 1940 unterschrieben worden waren. Dabei ging es auch um die Unterschiede zwischen den Waffenstillständen und zum Westfälischen Frieden.

In Versailles erlebte die Gruppe dann in einem interaktiven Workshop, wie schwierig es ist, einen Friedensvertrag zu verfassen. Die jungen Leute schlüpften in die Rollen von unterschiedlichen Parteien des Ersten Weltkrieges und versuchten, anhand von Leitfragen und Vorgaben einen beständigen Friedensvertrag auszuhandeln.
 

Deutsch-Französisches Jugendwerk

In Paris traf die Gruppe abends Vertreterinnen und Vertreter des Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW). Sie berichteten von der besonderen Beziehung zwischen den ehemals verfeindeten Nachbarstaaten und davon, wie diese nach dem Zweiten Weltkrieg Freunde wurden.

Dabei hatten die PEACE LINER die Möglichkeit, Kontakte für Projekte in ihrer Heimat zu knüpfen, und erzählten ihrerseits von den bisherigen Erfahrungen auf der Roten Route.

Schrecken des Ersten Weltkrieges

Die vorletzte Station der Reise war Verdun, wo die verheerenden Folgen des Ersten Weltkrieges deutlich wurden und die Bedeutung von Frieden erneut in den Vordergrund rückte.

Die Gruppe besuchte das Fort Douaumont und das Beinhaus, in dem die sterblichen Überreste von 130.0000 nicht identifizierten Soldaten beigesetzt sind. Ein kurzer Aufenthalt im einstigen Dorf Fleury machte die immense Zerstörungskraft deutlich, die ein Krieg haben kann.
 

Unterwegs als Friedensbotschafter

Die letzten beiden Tage verbrachten die jungen Leute in der Jugendbegegnungs- und Bildungsstätte in Niederbronn-les-Bains mit Evaluation und Reflektion. Eins der Ziele: die Teilnehmerinnen und Teilnehmender zu motivieren, sich in ihrer Heimat als als Friedensbotschafter und -botschafterinnen zu engagieren.

Ausgebildet als „Peace Ambassadors“, sollen und wollen sie die Reise zu Hause fortsetzen: In Vorträgen, Workshops oder Diskussionen wollen sie auf PEACE LINE und weitere Volksbund-Angebote und -Aktionen hinweisen und sich für Frieden und Versöhnung einsetzen. So verbreitet sich die Botschaft von PEACE LINE weiter in Europa.

Das Projekt wird vom Auswärtigen Amt finanziert und von einer Reihe von Partnerorganisationen unterstützt. Mehr erfahren
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