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Cassino-Gedenken in „helldunklen“ Zeiten

Heitere Versöhnung und mahnende Worte auf deutschem Soldatenfriedhof

Mit einer großen Gedenkveranstaltung auf seiner Kriegsgräberstätte südlich von Rom hat der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. der Opfer der Schlachten um den Monte Cassino gedacht. Sie waren vor 80 Jahren – am 18. Mai 1944 – zu Ende gegangen. Zahlreiche Politiker, Würdenträger, Angehörige und Vertreter anderer Nationen nahmen an der Zeremonie mit Kranzniederlegungen teil.
 

Wie sieht internationales Gedenken aus? Vielleicht so: Neuseeländische Musiker – viele mit Tätowierungen der Maori – stimmen die deutsche und die italienische Nationalhymne an. Irische Dudelsackspieler intonieren die „Ode an die Freude“. Dabei lacht die Sonne vom Himmel über Cassino. So fröhlich, so versöhnlich und so leicht – bei aller gebotenen Ernsthaftigkeit – kann eine Gedenkveranstaltung sein.

Mehr als 200 Gäste hatten sich auf Einladung der Deutschen Botschaft und des Volksbundes auf der Kriegsgräberstätte Cassino versammelt, um der Opfer der Schlachten um den Berg und das Kloster 1944 zu gedenken.

 

„Spur menschlichen Leids“

Dr. Hans-Dieter Lucas, der deutsche Botschafter in Rom, erinnerte an die bitteren Verluste auf beiden Seiten. „Über 50.000 alliierte Soldaten ließen ihr Leben, unzählige wurden schwer verletzt. Auf deutscher Seite starben rund 20.000 Soldaten, viele noch in der Blüte ihres Lebens.”

Lucas, der seine Rede auf Italienisch hielt, sprach auch die dunklen Seiten an: „Nicht nur im Osten Europas, sondern auch hier in Italien hinterließ Nazi-Deutschland – unterstützt vom faschistischen Regime Mussolini – eine unvorstellbare Spur menschlichen Leids.“

Falscher Mythos von Montecassino

Für den Volksbund begrüßte Bundesvorstand Hartmut Tölle Gäste wie den Erzabt der Abtei, die neuseeländische Botschafterin Jackie Frizelle, Tracy Reid von der australischen Botschaft, den neuseeländischen Verteidigungsattaché Wing Commander Mark Waters sowie eine Abordnung des Bundes Deutscher Fallschirmjäger um General a.D. Hans-Werner Fritz.

Tölle sprach den Mythos an, dass Deutschland in Casino heldenhaft gekämpft habe: „Wir wissen: Die NS-Propaganda hat versucht, den Tod dieser Soldaten mit einem Heldenmythos zu verklären, der leider heute noch in verblendeten und unbelehrbaren Köpfen fortbesteht.“ Mit Blick auf die Wehrmacht, die im Auftrag eines verbrecherischen Staates Gewalt und Tod über andere Völker gebracht habe, urteilte Hartmut Tölle: „Wer diese Art von Heldenverehrung verklärt, macht sich zum zweiten Mal schuldig.“

„Sie würden ein zweites Mal sterben“

Nach gemeinsamem Gebet und dem Segen von Erzabt Luca erklangen die Totensignale „Il Silenzio“ und das Lied „Der gute Kamerad“. Anschließend legten Delegationen unter anderem der Stadt Cassino mit Pierluigi Pontone als Vertreter des Bürgermeisters Kränze nieder.

Pontone hatte bei der Begrüßung in Anlehnung an ein Zitat des italienischen Schriftstellers Antonio Gramsci von „helldunklen Zeiten“ gesprochen und mahnte: „Was wir heute sind, verdanken wir den vielen jungen Männern von damals, die ihr Leben in Erfüllung einer höchsten Pflicht geopfert haben. Wenn wir sie vergessen sollten, dann würden sie ein zweites Mal sterben.”

Aus Kufstein zum Grab des Vaters

Auch Angehörige von auf der Kriegsgräberstätte bestatteten Soldaten hatten den Weg nach Cassino gefunden, wo deutsche Truppen vier Monate lang und am Ende erfolglos versucht hatten, den Vorstoß der Alliieren auf Rom und weiter nach Norden aufzuhalten.

Aus Kufstein hatte sich Heinz Gerdes mit Sohn Holger auf den rund 1.000 Kilometer weiten Weg gemacht, um endlich das Grab seinen Vaters Helmut zu besuchen. Am Stand des Volksbundes dankte Gerdes Robert Zaka – der Leiter des Referats Gräbernachweis hatte der Familie die Informationen über den bis dahin vermissten Vater übermittelt.
 

Blumen gegen das Vergessen

Aus ihrem Rom-Urlaub war die Kerpenerin Brigitte Schmoll mit dem Zug angereist. Sie zeigte sich begeistert von der Aktion „Blumen gegen das Vergessen“. Dabei hatten Förderer der Volksbund-Arbeit Geld für Blumensträuße gespendet, die die Gräber unbekannter Soldaten schmückten. Damit hatten sie es möglich gemacht, dass Friedhofsverwalter Eugenio Pezza mehr als 100 Sträuße mit weißen Nelken auf dem weitläufigen Grabhügel aufstellte.

Erst Cassino, dann D-Day

Viel Beachtung fand auch die Dauerausstellung, die der Volksbund 2022 am Fuße des Friedhofes eröffnet hatte. Hier drängten sich zeitweise mehr als ein Dutzend Besucherinnen und Besucher, um die dreisprachigen Informationen über den Krieg in Italien und die Abtei Montecassino zu studieren.

Die weiteste Anreise hatten dabei Mamae Wikiriwki aus Oslo und ihr Bruder Eru aus Neuseeland. Die beiden wollen bei den Gedenkveranstaltungen in Cassino, die noch bis Sonntag, 19. Mai, andauern, dabei sein. Anschließend reisen sie – wie viele Neuseeländer – weiter zu den Veranstaltungen rund um „80 Jahre D-Day” in der Normandie.

Erkennungsmarken übergeben

Am Rande der Veranstaltung übergab Vincenzo Pellegrino, Präsident des privaten Vereins „Salerno 1943“, zwei Erkennungsmarken deutscher Soldaten an Botschafter Lucas, der sie an den Volksbund zur Identifizierung weitergab. Die Gebeine der erst unlängst gefunden Toten werden in den kommenden Tagen auf der Kriegsgräberstätte eingebettet.
 

Fallschirmjäger mit Rasenmäher

Dass die Anlage pünktlich zur Gedenkveranstaltung in einem Top-Zustand war, war den Soldaten des Fallschirmjägerregiments 31 aus Seedorf um Stabsfeldwebel Robert Mahro zu verdanken. Zwei Wochen lang hatten sie Rasen gemäht, Bänke instand gesetzt und Vorbereitungen für die große Gedenkveranstaltung getroffen.

Freiheit und Toleranz – das zählt

Dass diese Veranstaltung bei aller Internationalität und Leichtigkeit einen sehr ernsten, politisch-historischen Kern hatte, daran erinnerte Volksbund-Vorstand Hartmut Tölle: „Wir wissen: Geschichte wiederholt sich nicht. Aber wir sind gut beraten, uns mit ihr auseinanderzusetzen und zu lernen, damit Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Solidarität als unverzichtbare Werte einer demokratischen Gesellschaft nicht unter die Räder kommen.“

Am Tag zuvor hatte eine kleine Volksbund-Delegation die fünf Kriegsgräberstätten der Alliierten in der Region Cassino besucht und dort Kränze niedergelegt: Gedenken an den Gräbern der Cassino-Kämpfer.

Informationen zur Dauerausstellung gibt es hier: Lebendig erzählte Geschichte rund um den Monte Cassino.

Vom 8. bis 20. Juli 2024 findet zum dritten Mal ein deutsch-polnisches Workcamp in der vor 80 Jahren so umkämpften Region statt. Die 16- bis 26-Jährigen werden auch auf Kriegsgräberstätten arbeiten.
 

„Wir wissen: Geschichte wiederholt sich nicht. Aber wir sind gut beraten, uns mit ihr auseinanderzusetzen und zu lernen, damit Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Solidarität als unverzichtbare Werte einer demokratischen Gesellschaft nicht unter die Räder kommen.“

Hartmut Tölle, Beisitzer im Vorstand des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge

Der Volksbund ist ...

... ein gemeinnütziger Verein, der dringend auf Spenden und Mitgliedsbeiträge angewiesen ist. Im Auftrag der Bundesregierung sucht und birgt er Kriegstote im Ausland, bestattet sie würdig und pflegt ihre Gräber in 46 Ländern. Er betreut Angehörige und erreicht mit seinen Jugend- und Bildungsangeboten jährlich rund 30.000 junge Menschen. Die Erinnerung wachzuhalten und Zeichen der Versöhnung zu setzen – zum Beispiel mit internationalen Gedenkveranstaltungen –, gehört ebenfalls zu seinen Aufgaben.

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Harald John Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit