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Die Reise des Dr. Zwanziger in die Vergangenheit

Der Wind pfeift schneidend kalt über die weiten Freiflächen des brandenburgischen Oderbruchs. Er kommt von Osten, von der nahen Oder. Es ist die gleiche Richtung aus der im März 1945 die 1. Belorussische Front heranstürmte, das letzte deutsche Bollwerk vor der Reichshauptstadt zu brechen.

Es beginnt zu schneien als Dr. Theo Zwanziger mit seinen beiden Söhnen Frank und Ralf die Gedenkstätte Seelower Höhen erreicht. Für die drei Männer ist es eine Reise in die Vergangenheit, eine Reise in ihre eigene Familiengeschichte. Denn gar nicht weit von hier, an der Straße nach Alt-Tucheband wurde Leutnant Theodor Karl Zwanziger am 24. März 1945 im 26 Lebensjahr tödlich verwundet. Der DFB-Präsident hat seinen Vater nie persönlich getroffen, wurde er doch erst im Juni geboren.

Es geht ihm wie so vielen Angehörigen der Kriegsgeneration, die nie das Glück hatten, ihren eigenen Vater kennengelernt zu haben. Nur aus Erzählungen und Fotos – aus denen die große Ähnlichkeit von Vater und Sohn hervorgeht – konnte er sich ein Bild machen. Heute will Theo Zwanziger mehr über die Umstände einer der größten Schlachten auf deutschem Boden erfahren, möchte mit seinen Söhnen einen kleinen Einblick in die fürchterlichen Tage des Frühjahrs 1945 bekommen, die ihm seinen Vater und seinen Söhnen den Großvater genommen haben. In Gerd-Ulrich Herrmann, dem Leiter der Gedenkstätte Seelower Höhen, haben sie einen kundigen Führer. Anhand von Karten und Schaubildern erklärt er, wie sich die Rote Armee an der Oder aufstellte und welch ungeheurer Widerstand ihnen entgegenschlug. Knapp zwei Monate vor Kriegsende fielen hier zigtausende deutsche und russische Soldaten.

Pressegespräch im Tagungsraum der Gedenkstätte

Häufig wurden noch minderjährige HJ-Jungen und Flakhelfer sinnlos verheizt. Viele Vermisste wurden bis heute nicht gefunden. „Und doch besteht Hoffnung, denn wir finden jedes Jahr noch über 300 gefallene Soldaten in Brandenburg und bestatten sie in einem würdigen Grab. Die Namen werden dann in der Onlinedatenbank des Volksbundes erfasst. Über 4,6 Millionen Namen können so online abgerufen werden“, erklärt Oliver Breithaupt, Landesgeschäftsführer des Volksbundes in Brandenburg. Schweigend stehen die drei Männer am Grab ihres Vaters und Großvaters. Von der Kriegsgräberstätte in Arensdorf im hier und jetzt gehen die Gedanken wohl in die Vergangenheit.

„Die Erinnerung an meinen Vater, den ich nie kennenlernen durfte, macht den Schrecken dieses wahnsinnigen Krieges deutlich und lebendig. Ich danke allen Personen und Organisationen, insbesondere auch dem Volksbund, die diese Erinnerung wach halten. Auch 65 Jahre nach Kriegsende ist das ein wichtiger Beitrag für Angehörige und viel mehr noch: Friedensdienst“, schreibt Theo Zwanziger in das Gästebuch der Gedenkstätte Seelower Höhen. Noch ein kurzer Moment der Besinnung auf dem Friedhof, dann geht es weiter zu einer Jugendmannschaft in Fürstenwalde.

Christoph Blase