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Eine Tragödie unter Kriegsgefangenen

1943 – Feme-Mord im Lager Tonkawa/USA

Kassel, 20. Mai 2011 - Wie verbohrt muss man eigentlich sein, wenn man heute einen 1943 von seinen eigenen Kameraden erschlagenen Kriegsgefangenen als Verräter verunglimpft? So geschehen irgendwann in diesem Frühjahr auf der amerikanischen Kriegsgräberstätte in Fort Reno/Oklahoma.

Auf dem deutschen Sektor des Friedhofes ruhen 62 deutsche Kriegsgefangene. Zu ihnen zählt auch der Gefreite Johann(es) Kunze. Unbekannte hinterließen auf seinem Grabstein das Wort Traitor, auf Deutsch: Verräter (siehe Foto). Das Ziel dieser Aktion war offensichtlich eine Brandmarkung des Gefreiten fast 70 Jahre nach seinem Tod. Es scheint, als solle dem Mann niemals verziehen werden. Tatsächlich aber hat hier nur dumpfer Fanatismus seine hässliche Spur hinterlassen.

Der Einsender des Fotos machte uns auf den Fall aufmerksam und teilte mit, dass Johann Kunze von einem Femegericht seiner Mitgefangenen als Verräter verurteilt und erschlagen worden sei. In Fort Reno und wohl auch in anderen Teilen der USA ist dieser Fall sehr wohl bekannt. In einer Broschüre über den Friedhof heißt es, Kunzes Grab sei wohl das bekannteste der ganzen Anlage.

Johann Kunze, geboren 1904, hatte wie viele seiner Kameraden dem Afrikakorps angehört und lebte im Lager von Tonkawa, ebenfalls in Oklahoma. Nach dem Krieg wollte er in den USA bleiben und war bereit, dafür seine Kenntnisse über die Verteidigungsanlagen der Wehrmacht preiszugeben. Durch ein Versehen des Lagerarztes erfuhren die anderen Gefangenen davon und erschlugen den Gefreiten. Das geschah am 4. November 1943. Die fünf Anführer des Mobs wurden vor ein amerikanisches Militärgericht gestellt, verurteilt und nach Kriegsende, am 10. Juli 1945 in Fort Leavenworth hingerichtet. Dort sind sie auch beerdigt.

Ähnliche Fälle hat es auch in anderen Lagern Nordamerikas gegeben. Der Mord an Johann Kunze aber hat sogar Einzug in die amerikanische Literatur gehalten. Vince S. Green veröffentlichte unter dem Titel Extreme Justice einen Roman über die Ereignisse in Tonkawa und Fort Leavenworth. Auch die Sachbuchautorin Wilma Parnell nahm sich des Falles an. Der Ankläger im Prozess gegen die fünf Hauptschuldigen war übrigens Leon Jaworski, der 1973 als Staatsanwalt im Watergate-Skandal zu Ruhm gelangte.

Fritz Kirchmeier

 

Zum Weiterlesen:

http://en.wikipedia.org/wiki/Johannes_Kunze

http://www.ftlvnhistsoc.org/German_POW_executions.htm

 

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