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Kleine Anlage – großer Aufwand

Förderer-Workcamp in Lettland

ORIT-MAKUL/LETTLAND. 832 Kriegsgräberstätten betreut der Volksbund aktuell. Darunter sind auch viele kleinere Anlagen, die mit einem großen Arbeitsaufwand – und entsprechenden Kosten – gepflegt werden. Hier hilft das so genannte Förderer-Workcamp, da die Teilnehmer dieses speziellen Arbeitseinsatzes den Großteil der Kosten selbst tragen. So wird der Volksbund zusätzlich unterstützt. Diesmal gingen die freiwilligen Helfer um Jochen Droste mit viel Know-How und Muskelkraft auf der Kriegsgräberstätte bei Orit-Makul in Lettland ans Werk 

Auch hier tobte einst der Erste Weltkrieg. Bald nach der deutschen Kurland-Offensive kam es in diesem Landstrich ab Oktober 1915 zum Stellungskrieg, der sich ohne wesentliche Geländegewinne über ein Jahr hinzog. Immer wieder sind bei den Gefechten Soldaten gefallen und zahlreiche kleinere Friedhöfe angelegt worden, so auch der bei Orit-Makul (Friedrichstadt). Dieser Ort gehört zur Gemeinde Staburags im Kreis Aizkraukle und liegt direkt an der früheren Hauptkampflinie.

Gemeinsam ans Werk

Der Leiter des lettischen Workcamps mit ausschließlich deutscher Besetzung ist mit Jochen Droste zugleich auch der Erfinder der Förderer-Workcamp-Idee: „Ich wollte damit Förderern die Gelegenheit geben, mehr zu tun, als nur zu spenden. In diesen speziellen Workcamps, deren Teilnehmer meist schon die 50 überschritten haben aber noch sehr aktiv sind, kann man richtig anpacken. Inzwischen weiß ich, dass dieses Erlebnis besonders in einer Gemeinschaft Gleichgesinnter sehr erfüllend ist. Deswegen kommen die Leute immer wieder: Man sieht am Ende einfach, was man gemeinsam geschafft hat!“

Damit alles so gut läuft hat Droste zuvor bei einer Erkundungsfahrt alle Vorbereitungen, wie Unterkunft, Verpflegung, Transport, Freizeitgestaltung, Arbeitsmaterialien und vieles mehr geregelt. Inzwischen blickt Droste etwa auf ein gutes Dutzend solcher Einsätze zurück. Alles läuft wie am Schnürchen. Dazu kommt noch die Unterstützung vor Ort durch Oberst a. D. Janis Racins, dem Länderbeauftragten des Volksbundes in Lettland. Jetzt kann es losgehen. Doch die Arbeit an dem beinahe vergessenen und in schlechtem Zustand befindlichen Friedhof sollte dem Förderer-Workcamp noch einiges abverlangen.

Insgesamt 34 Frauen und Männer waren zuvor aus dem gesamten Bundesgebiet nach einer etwa 24-stündigen Busfahrt über 1 500 Kilometer schließlich in Aizkraukle angekommen. Beim ersten Blick auf den Friedhof, der als solches zunächst gar nicht mehr zu erkennen war, dominierten Unkraut, Bäume und Büsche das Bild. So bestimmten vor allem Motorsägen, Motorsensen und Hacken die Geräuschkulisse des ersten Tages. Danach wurden Stubben und Wurzeln entfernt und weitere Rodungsarbeiten vorgenommen. Dann ging es an die Grabkreuze, die einer kompletten Überholung hinsichtlich der Standfestigkeit aber auch der Lesbarkeit ihrer Inschriften dringend benötigten. Vieles war kaum noch zu erkennen und stand kurz vor dem Vergessen. So legten die fleißigen Helfer zunächst ein neues Streifenfundament an, auf das die Grabsteine dann wieder lotrecht sowie höhen- und fluchtgerecht aufgestellt wurden. Danach galt es, die Beschriftung auf den Betonkreuzen mit viel Geduld wieder auszubessern. Als all dies geleistet war, stellten die Teilnehmenden zudem fest, dass auf dem Friedhof schon nach Angaben der Kreuzinschriften mehr Kriegstote bestattet wurden, als bisher bekannt waren. Diese wichtige Mitteilung wurde an die Behörden und den Volksbund weitergegeben.

Holzkreuz in die Höhe

Anschließend konzentrierten sich die Helfer auf die Errichtung eines neuen  Holzzaunes als Einfriedung des Geländes sowie der Planierung des Zugangsweges. Wirklich beeindruckend verliefen zudem die Arbeiten am zentralen Hochkreuz der Kriegsgräberstätte. Hier halfen viele Hände. Es war ein schönes Bild, das zugleich offenlegte, wie sehr die Gruppe inzwischen zur Gemeinschaft geworden war. Gemeinsam gelang es schließlich das massive Holzkreuz in die Höhe zu stemmen. Abschließend wurde dann die gesamte Belegungsfläche neu eingesät.

In der verdienten Freizeit ging es zunächst nach Riga zur deutschen Botschaft. Dort gab die Ständige Vertreterin Manja Kliese viele interessante Einblicke in das Leben in Lettland. Danach besuchte die Gruppe das frühere jüdische Ghetto sowie die Gedenkstätten Rumbula und Bikerniki. Auf dem Bildungsprogramm standen zudem der Besuch der entstehenden „Insel des Gedenkens“, sowie der malerischen Ruine der früheren Bischofsburg Koknese (Kokenhusen), verbunden mit einer Schifffahrt auf der Düna. Ein weiterer Höhepunkt dieser Reise war das Treffen mit dem in Riga zeitgleich tätigen Bremer Jugend-Workcamp.

Droste dankt

Den Abschluss dieses Arbeitseinsatzes bildete dann traditionell die Gedenkstunde auf der mittlerweile wieder sehr würdig anzuschauenden Kriegsgräberstätte. Daran nahmen auch einige Anwohner sowie Gäste aus Politik und Militär teil. Beim folgenden Empfang, der durch die Gemeinde Staburags mit landestypischem Essen beliefert wurde, dankte Workcamp-Leiter Jochen Droste allen Unterstützern wie etwa dem lettischen Heimatschutzbataillon und anderen – aber vor allem den Teilnehmenden. Er zeigte sich überaus erfreut über den Erfolg der gemeinsamen Arbeit und das große Engagement der Beteiligten. Viele hatten bis zur persönlichen Leistungsgrenze gearbeitet – und das bei Temperaturen von meist über 30 Grad im Schatten und unter Begleitung zahlreicher Mückenschwärme. Besonderen Dank erhielt zudem das Küchenpersonal um Gabi Droste, das täglich vorzügliche Mahlzeiten im freien Gelände zubereitete.

Danach wurden Urkunden, Gastgeschenke und viele Umarmungen verteilt. Oberst Racins sagte überwältigt vom nunmehr guten Zustand des Friedhofes: „Das alles haben Sie ganz allein getan und dieser Friedhof ist nicht wiederzuerkennen!  Ich verspreche Ihnen, dass wir ihn mithilfe von lettischen Soldaten das Gräberfeld auch künftig weiter pflegen werden. Vielen Dank für ihre Arbeit!“

Alfred Michaelis