Volksbund Logo Desktop Volksbund Logo Mobil
Gräbersuche Mitglied werden Jetzt spenden Spenden

„Nichts ist wichtiger für unsere Zukunft“

Rshew-Partnerstadt Gütersloh empfängt Kollwitz-Skulpturen

Es war die zweite Etappe des Transports der Kopien des Käthe-Kollwitz-Skulpturenpaares „Trauernde Eltern“ – und die erste Station in Deutschland: Auf ihrem Weg vom belgischen Vladslo, wo die Originalskulpturen stehen, nach Rshew in Russland, wo sich das Grab des Kollwitz-Enkelsohns Peter befindet, stellte der Volksbund die Skulpturen am 22. Juni in Gütersloh vor. Die Partnerstadt von Rshew bereitete der Replik des Kunstwerkes einen würdigen Empfang durch hochrangige politische Vertreter sowie das Engagement von Gütersloher Jugendlichen, die an der Gedenkveranstaltung großen Anteil hatten.

So sind es zunächst ihre Bilder, welche die Gäste schon vor Veranstaltungsbeginn beeindrucken. Es sind Bleistift- und Kreidezeichnungen, die Szenen aus den Schützengräben oder das pure Entsetzen der Angehörigen ins Bild setzen. Alles ist in dunklen Farben gehalten, wirkt bedrückend, fast schon verängstigend. Die Zeichnungen der Schüler vom Evangelisch Stiftischen Gymnasium Gütersloh sind Ausdruck dessen, was die Werke und Texte von Käthe Kollwitz, die sie zuvor im Unterricht behandelt hatten, ihnen auch hundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges vor Augen führten: die Unmenschlichkeit des Krieges.

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann betonte daher in ihrer Ansprache die Bedeutung der Beschäftigung mit den Ursachen und Folgen des Ersten Weltkrieges. Sie unterstrich dies mit einem bekannten Weizsäcker-Zitat, wonach die Jugend zwar nicht für die Vergangenheit, wohl aber für die Lehren, die sie daraus ziehen, verantwortlich seien. „Unsere Geschichte zeigt eindringlich: Wir sind verantwortlich! Mit dem, was wir tun – aber auch mit dem, was wir nicht tun!“, sagte Ministerin Löhrmann.

Schmerz in Stein gehauen

Ihr NRW-Regierungskollege und Justizminister Thomas Kutschaty, zugleich Vorsitzender des Volksbund-Landesverbandes, hatte zuvor die Kriegsgräber auf der sowjetischen Gedenkstätte Stukenbrock im Landkreis Gütersloh besucht. So zog er stellvertretend eine Verbindungslinie zu allen Opfern der beiden Weltkriege. Diese Verknüpfung, dieses Band der Erinnerung am Beispiel des persönlichen Schicksals von Käthe Kollwitz sowie ihrem Sohn Peter und dem Enkelsohn Peter verdeutlichte zugleich die Grundsatzidee des Kollwitz-Skulpturen-Projektes: „Den Schmerz der Eltern können wir nur erahnen. Aber ganz gleich, ob es ein russischer, ein französischer, ein britischer, ein belgischer oder ein deutscher Soldat ist – der Schmerz der Eltern eines gefallenen Soldaten dürfte sich überall gleichen. (...) Ihren eigenen Schmerz hat die berühmte Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz in Stein gehauen.“

Dies für viele Menschen hilfreiche oder zumindest tröstliche Bemühen, eigentlich Unfassbares in eine künstlerische Form zu überführen, wurde auch in den Musikstücken der Konrad Kosselleck Big Band sowie in den von Philipp Kocks aus Belgien vorgetragenen szenischen Lesungen aus der Feder von Kathelijn Vervarcke deutlich. Natalja Nikolajewna Worobjowa, die Bürgermeisterin von Rshew, wies zugleich auf das gelungene Beispiel gelebter Städtefreundschaften – und hier besonders auf die Begegnung und den Austausch junger Menschen hin. Schließlich läge die Zukunft in ihren Händen.

Dieses Ansinnen unterstützte auch die gastgebende Gütersloher Bürgermeisterin Maria Unger. Die Jugendcamps in Rshew, die gemeinsame Arbeit auf den Kriegsgräberstätten und vor allem der offene Austausch deutschen und russischen Jugendlichen begeisterten sie immer wieder: Ich bin sicher, diese jungen Menschen haben verstanden. Und nichts ist wichtiger für unsere Zukunft!“

Maurice Bonkat