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"Weil es mich glücklich macht"

22-Jährige leitet Volksbund-Ortsverband

Bei den Treffen des nordrhein-westfälischen Volksbund-Landesverbandes mag Marie Steinkat eine Ausnahme darstellen. Eine der wenigen Frauen inmitten vieler Männer, die zudem noch alle höheren Alters sind. Eine junge Frau, der die Pflege und der Erhalt der Gräber der Toten beider Weltkriege wichtig sind. Und für die das im direkten Zusammenhang mit dem Mahnen vor zukünftigen Kriegsgeschehen steht. Vergangenes Jahr legte Eduard Silge als Obmann der Kriegsgräberfürsorge in Ostbevern seine Verantwortung in die Hände von Marie Steinkat. Was bewegt eine 22-Jährige dazu, sich mit den Gräueltaten der Kriege auseinander zusetzen? 

Die Wurzeln ihres ehrenamtlichen Engagements in Sachen Kriegsgräberfürsorge liegen mehrere Generationen tief. Ihre Großeltern wuchsen in Königsberg, dem heutigen Kaliningrad, auf. Die Großmutter war ab ihrem 15. Lebensjahr als Straßenbahnführerin tätig, der Großvater wurde in den Krieg eingezogen. „Die Großeltern haben mir viel von früher erzählt“, so Marie Steinkat. Die Großmutter floh gemeinsam mit Marie Steinkats Urgroßmutter vor den Angriffen im zweiten Weltkrieg. Deren Mutter blieb zurück, kam vermutlich bei einem Bombenanschlag ums Leben, wie die junge Frau berichtet. „Ich finde es einfach schrecklich, wenn man nicht weiß, was mit den Familienangehörigen passiert ist“, bedauert Marie Steinkat.

Vater in Afghanistan  

Das Thema Kriegsgeschehen begleitete auch die Jugendjahre der Ostbeverin. Grund mit dafür ist die  Berufstätigkeit ihres Vaters Andreas, der als Hauptfeldwebel mehrere Male in Afghanistan eingesetzt wurde: „Wenn man weiß, dass der Vater im Kriegsgebiet ist, wo täglich Bombenangriffe passieren, ist das einfach schrecklich. Jeder Mensch solle das Recht haben, in einer sicheren Umgebung mit guten Bildungsmöglichkeiten aufzuwachsen.“  

Ehrenamtlich tätig ist Marie Steinkat zusätzlich in ihrer Arbeit für die Asylbewerber in Ostbevern. Sie gibt Deutschunterricht und erledigt mit ihnen gemeinsam Behördengänge. In den Kontakt mit dem Volksbund kam Marie erstmals als Achtklässlerin der Josef-Annegarn-Schule. Rektor Winfried Mersch und Eduard Silge arbeiteten damals eng zusammen und motivierten die Schüler zur Beteiligung an der jährlichen Haus- und Straßensammlung des Volksbundes.  

Besuch in Ysselsteyn  

Die Besichtigung der Kriegsgräberstätte Ysselsteyn/Niederlande (Foto oben) beeindruckte Marie Steinkat besonders. „Ich konnte mir das vorher gar nicht so vorstellen“, erinnert sie sich. Besonders die Gräber mit den unbekannten Soldaten haben sie betroffen gemacht. In der zehnten Klasse besuchte sie während der Schulabschlussfahrt das Konzentrationslager Dachau. „Da hat die Schule im Vorfeld gute Arbeit geleistet und uns gut aufgeklärt“, meint Steinkat, die zu dieser Zeit auch als Betreuerin der Spielstadt in Ostbevern aktiv war und eine Jugendleiterausbildung absolvierte. Nach dem Schulabschluss und einem Austauschjahr in Seattle/USA begann sie ein duales Studium, das sie voraussichtlich 2017 mit dem Bachelor of Arts der Betriebswirtschaft abschließen wird. Den praktischen Teil der Ausbildung absolviert sie in einem Dentallabor.  

Seit sie im März das Amt von Eduard Silge übernahm, liegt auch die Organisation der Volksbund-Sammlung bei ihr. Dafür will sie auch weiterhin die nachfolgenden Generationen mit einbinden. „Mir ist es wichtig, das auch Jugendliche involviert sind“, so Steinkat. Die Priorität des Erinnern und Mahnens müsse weiter gegeben werden, insbesondere in diesen Zeiten, in denen viele politische Konflikte ausgetragen würden. Über die positive Resonanz seitens der Sammlungen freut sie sich. „Schön, dass die Bürger in Ostbevern so offen dafür sind und spenden wollen.“ Immerhin konnten so bei der letzten Sammlung fast 1500 Euro an den Volksbund übergeben werden. Eine stolze Summe.  

Man sieht, dass ihr Ehrenamt auch in finanzieller Hinsicht ein voller Erfolg ist. Doch woher nimmt sie sich nur die Zeit für dieses beeindruckende Engagement für den Volksbund, die Asylbewerber, die universitäre und berufliche Ausbildung? Und warum nimmt die 22-Jährige das alles eigentlich auf sich? Die Antwort darauf fällt Marie Steinkat, der jüngsten Ortsvorsitzenden des Volksbundes in Deutschland, ganz leicht: „Weil es mich glücklich macht!“  

Anne Reinker